Während 2022 die meisten Veranstaltungen bereits wieder aus der Pandemie zurückgekehrt waren, mussten sich die Fans des Hexentanz Festivals noch ein Jahr länger gedulden. Doch nun feierte auch das bekannteste saarländische Musikfestival sein Comeback. In der ungewollten Pause hat sich aber einiges getan, vor allem hat das Open Air seinen angestammten Austragungsort verloren.
So fand das erste Hexentanz Festival seit Corona nicht mehr am Losheimer Stausee statt, sondern auf dem Gelände des Eventwerk Saar in Großrosseln. Vom 28. bis zum 30. April war es soweit. Auch wenn ich nur am mittleren der drei Festivaltage vor Ort sein konnte, wollte ich mir die Rückkehr des Hexentanz Festivals nicht entgehen lassen.
Wie kam die neue Location bei den Zuschauern an? Wie haben sich die Bands geschlagen? Waren überhaupt viele Leute da? Und wie geht es mit dem Hexentanz weiter? Das und mehr erfahrt ihr in diesem Festivalbericht.
Das alte Festivalgelände in Losheim und das neue in Großrosseln liegen gute 50 Kilometer auseinander. Kein Wunder also, dass der Umzug im Vorfeld für manche Diskussion sorgte. Die Reaktionen, die man so lesen konnte, hingen vor allem vom jeweiligen Wohnort ab. Im Extremfall hatte es der geneigte Fan nun 50 Kilometer weiter zum Festival – oder war 50 Kilometer näher dran.
Über die Lage des neuen Geländes gingen die Meinungen also auseinander. An und für sich kam der neue Spielort aber gut an. Das Eventwerk Saar ist kompakter als das Gelände in Losheim, vor allem aber fast ebenerdig. Auch von weit hinten eine gute Sicht auf die Bühne zu haben, war in Losheim der naturgegebene Vorteil des abschüssigen Geländes. In Großrosseln wurde das nun durch eine hohe Bühne aufgefangen, was auch gelang. So war die Sicht auch hier voll in Ordnung, sogar das sitzende Publikum mit den Campingstühlen war zufrieden.
Als großer Pluspunkt am neuen Festivalgelände wurde angesehen, dass sich die Parkplätze nun direkt vor dem Eingang befanden. Wer schnell etwas aus dem Auto holen wollte, musste im Gegensatz zu Losheim keine 15-minütige Bergwanderung hinlegen. Schmerzlich vermisst wurden dagegen die festen Sanitäreinrichtungen von Losheim. Auf dem Gelände in Großrosseln standen nur zwei beengte Toilettenwagen – gemessen an der Besucherzahl deutlich zu wenig. Da muss in Zukunft wesentlich aufgestockt werden.
Das Wetter an diesem Samstag war mit grauem Himmel und kaum 13 Grad nicht besonders einladend, bei Einlass um 13 Uhr strömten aber doch schon einige Besucher auf das Festivalgelände.
Dort eröffneten bald Snow White Blood das Musikprogramm. Für die Symphonic-Metal-Band handelte es sich um ihr Abschiedskonzert, was nicht jedem im Publikum bekannt war. Als die Sängerin darauf hinwies, dass es sich um den letzten Auftritt der Gruppe handelt, erntete sie manches ungläubige „Was!?“ aus den ersten Reihen. Snow White Blood spielten eine gelungene Show vor einer durchaus respektablen Zuschauerzahl.
Weiter ging es mit der Mittelalter-Metal-Band Ingrimm. Die Regensburger waren schon öfter beim Hexentanz Festival zu Gast, 2008 mit ihrem ersten, einige Jahre später mit ihrem zweiten Sänger. Nun traten sie im Saarland zum ersten Mal mit ihrem aktuellen und dritten Sänger Uli auf. Wie man sehen und hören konnte, passt der richtig gut in die Band rein und macht einen hervorragenden Job – ganz ausdrücklich auch bei den alten Liedern. Ingrimm lieferten einen starken, lebhaften Auftritt ab und brachten das Publikum in Bewegung.
Mit Manntra aus Kroatien folgte nun die einzige internationale Band des Tages. Im Gegensatz zu Ingrimm kamen bei der Folk-Metal-Band fast alle Folklore-Instrumente aus der Konserve. Dafür heizten Manntra ihren Zuschauern mit einer Feuershow ein, was auch im Angesicht des immer noch grau-kühlen Wetters gut ankam. Das weiterhin zahlreiche Publikum ging bei Manntras Auftritt gut mit.
Anhaltend gut war die Stimmung auch bei Harpyie. Die Mittelalter-Rock-Band mit Drehleier hatte starke Konkurrenz, nämlich die zeitgleich stattfindende Autogrammstunde von Schandmaul. Dennoch versammelten Harpyie viele Zuschauer vor der Bühne und animierten diese zum Mitmachen. Neben eigenen Liedern präsentierte die Gruppe auch höchst unterschiedliche Cover, den Mittelaltermarkts-Klassiker „Wenn ich tot bin“ genauso wie den Popsong „Blue“ von Eiffel 65.
Irish Folk Rock mit Geige und Tin Whistle gab es im Anschluss bei Mr. Irish Bastard. Die sieben Musiker leiteten ihre Zuschauer zum Tanzen und Springen an – und die machten auch brav mit. Ihr Sänger holte sich beim Publikum sehr direktes Feedback ab. „Wer hat uns schon mal gesehen?“ Verhaltener Jubel. „Wer sieht uns zum ersten Mal?“ Größerer Jubel. „Und wer findet es Scheiße?“ Stillschweigen auf dem Platz, denn die Show der Münsteraner fand durchaus Anklang.
Bei Tanzwut war es dann richtig voll vor der Bühne. Die Mittelalter-Rock-Veteranen waren mit ihrem „Silberne Hochzeit“-Album unterwegs, das Songs aus ihrer Frühphase neu auflegte. So spielten Tanzwut dann auch, sehr zur Freude des Publikums, viele alte Stücke wie „Ihr wolltet Spaß“ oder „Wie ein Vulkan“. Frontmann Teufel war bestens aufgelegt, wobei man seine Ansagen aber auf keinen Fall für bare Münze nehmen sollte.
„Im tiefen Gras“ handle seiner Aussage nach zum Beispiel davon, dass die Band sich in der Corona-Zeit habe prostituieren müssen. Und „Der Arzt“ wurde mit dem dezenten Hinweis versehen, dass auch die schönen Frauen im Publikum einmal verwelken werden. Das gesamte Konzert kam wie auch Teufels Späße gut an und das Publikum verabschiedete Tanzwut mit gebührendem Applaus.
Bei Anbruch der Dunkelheit war es Zeit für Headliner Schandmaul. Es war immer noch richtig voll auf dem Platz als die Mittelalter-Rock-Band auf die Bühne trat. Die war erst mal kaum beleuchtet, sodass man von den Musikern nur dunkle Silhouetten sah. Dafür heizten Schandmaul ihren Fans bald mit knackigen Feuereffekten ein, was bei der Witterung gleich doppelt so gut ankam.
Die Stimmung war von Anfang an gut, wozu auch alte Schandmaul-Klassiker wie der „Narrenkönig“ beitrugen. Ab dem dritten Lied waren sogar Stagediver zu sehen. Schandmaul spielen den vielleicht sanftesten Mittelalter-Rock im Genre, doch niemand soll meinen dass die Fans deshalb nicht abfeiern würden. Sänger Thomas erinnerte an Schandmauls letztes Gastspiel auf dem Hexentanz Festival im Jahr 2018. Damals mussten sie ihr Konzert wegen einer Sturmwarnung abbrechen. Was damals nicht möglich war, holten Schandmaul heute in würdiger Form nach.
Auch wenn ich dieses Jahr an nur einem der drei Hexentanz-Tage anwesend war: Das Comeback des Festivals ist gelungen, da lege ich mich fest. Viele Zuschauer, gute Stimmung und gute Konzerte ließen das Festival so weitermachen wie es vor der Pandemie mal aufgehört hatte. Dass das Hexentanz Festival wieder stattfand, war dabei aber kein Selbstläufer.
Ich gebe nichts weiter, was mir im Vertrauen zugetragen wurde. Doch so viel darf gesagt werden: Veranstalter Frank Schulz hatte einige Hindernisse zu überwinden. Man könnte ja meinen, dass nach der langen Kultur-Flaute ein Festival wie das Hexentanz überall mit offenen Armen empfangen wird. Dem ist aber nicht so. Deshalb steht zur Stunde auch noch gar nicht fest, an welchem Ort das Festival nächstes Jahr durchgeführt wird.
Was lernen wir daraus? Eine Veranstaltung wie das Hexentanz Festival ist nicht selbstverständlich. Umso wichtiger war die große Zahl der Zuschauer, die sich blicken ließ und dem Festival auch am neuen Austragungsort die Treue hielt.
Das nächste Hexentanz Festival findet vom 26. bis zum 28. April 2024 statt. Sobald die Location bekannt ist, werdet ihr es bei uns erfahren.
Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de