Prophecy Fest 2015 – Festivalbericht

Das deutsche Plattenlabel Prophecy Productions ist keine Plattenfirma wie jede andere. Gemessen an der Zahl der Veröffentlichungen gehört es zu den kleineren Labels, setzt jedoch ganz überwiegend auf solche Musiker, die einen hohen künstlerischen Anspruch verfolgen und sich stilistisch deutlich von der Masse abheben.

Ursprünglich ist Prophecy Productions dabei im Metal-Bereich beheimatet, geht aber nicht zuletzt mit seinen Sub-Labels auch deutlich darüber hinaus. Wenn diese Label ein Festival veranstaltet, das nur mit Bands aus dem eigenen Programm bestückt wird, gehört natürlich auch eine besondere Location dazu.

So lud Prophecy Productions am 19. September 2015 zum Prophecy Fest in die Balver Höhle, die größte für Konzertveranstaltungen genutzte Höhle Europas. Dieser Festivalbericht blickt auf die besondere Veranstaltung zurück.

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prophecy fest 2015

Über zwölf Stunden Programm mit Prophecy-Künstlern aus verschiedensten Stilrichtungen und das alles in der Balver Höhle: Nein, das Prophecy Fest ist wirklich kein x-beliebiges Musikfestival. Das wurde schon beim Einlass deutlich, denn dort erhielt jeder Festivalbesucher ein gebundenes Hochglanz-Programmheft mit Informationen zu den auftretenden Künstlern und einem Label-Sampler als Beilage.

Hochgezogene Augenbrauen gab es dagegen gleich bei Eintritt in die Höhle: Die dort aufgebaute Bühne war für ein Festival dieser Größe recht klein. Leider fehlte auch ein Fotograben. Die Fotografen-Riege konnte ihre Arbeit also nur aus dem Publikum heraus verrichten. Trotz eines verständnisvollen Publikums hatten die Fotografen keinen leichten Tag, denn die Bühnenbeleuchtung verdiente ihren Namen über weite Strecken nicht. Ich bitte daher um Verständnis, dass die Bildauswahl etwas kleiner ausfällt als üblich.

Erwähnenswert ist zum Einstieg noch, dass das Prophecy Fest seinen Ablauf nicht unbedingt nach der Bekanntheit der Bands ausrichtete. Empyrium, die gemessen an ihrem Status wohl als Headliner bezeichnet werden konnten, spielten beispielsweise nicht als letzte Band. Damit zusammenhängend hatten sämtliche Gruppen auch vergleichbare Spielzeiten. Die meisten der Bands hatten 75 Minuten Zeit, nur Tenhi etwas mehr und Darker und Crone, die beide bisher nur EPs veröffentlicht haben, eine halbe Stunde weniger.

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Weltpremiere: Crone

Das Musikprogramm wurde um 12 Uhr mit Crone eröffnet. Für die Gruppe war ihr Auftritt auf dem Prophecy Fest ihr erstes Konzert überhaupt. Bei kaum vorhandenem Bühnenlicht präsentierten Crone die Lieder ihrer Debüt-EP „Gehenna“ live und kamen damit gut an. Obwohl es sich um das erste Konzert des Tages handelte, war der Besucherandrang schon recht groß. Kein Wunder, denn die 1.250 Eintrittskarten zum Prophecy Fest waren restlos ausverkauft.

Großer Andrang herrschte während und nach dem Crone-Konzert auch bei den Merchandise-Ständen. Dort gab es attraktive Angebote beim Restposten-Ausverkauf des Prophecy Shops. Bei zehn Euro für zwei T-Shirts mussten die Fans nicht lange überlegen. Hinzu kam attraktives neues Merchandise wie eine Schallplatte von Empyrium, die exklusiv beim Prophecy Fest erhältlich war.

Der Sturm auf das Merchandise war derart groß, dass teilweise chaotische Zustände im Merch-Trakt der Höhle herrschten. Es hätte schon geholfen wenn die Wannen mit den Restposten nach Kleidergrößen sortiert und entsprechend beschriftet worden wären. So hätte sich manch zierliche Dame nicht durch XL-Shirts und manch groß gewachsener Herr nicht durch enge Damenbekleidung wühlen müssen.

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Lifelovers letztes Konzert?

Musikalisch ging es ab 13:15 Uhr mit Lifelover weiter. Die schwedische Metal-Band hatte sich nach dem Tod ihres Gründers Jonas Berqvist 2011 zunächst aufgelöst. Dass die Band nun beim Prophecy Fest auftrat war also alles andere als selbstverständlich. Die Gruppe trat mit einem speziellen Set zum zehnjährigen Jubiläum der Bandgründung auf. Ob Lifelover in Zukunft überhaupt noch einmal auftreten, ist ungewiss.

Für die Fans der Band war ihr Auftritt auf dem Prophecy Fest schon allein deshalb etwas besonderes. Dementsprechend voll war es auch vor der Bühne. Lifelover gelang es auch gleich, ihr Publikum mitzureißen. Die Zuschauer waren vollends dabei und vor allem in den ersten Reihen gab es kein Halten mehr.

Die Schweden, die zu den brachialeren Bands des Festivals gehörten, lieferten eine schwungvolle Show, zu der ihr Sänger wie wild im blutbefleckten Arztkittel umhertanzte. Beifall und Jubel bei ihrem Abschied um 14:25 Uhr waren enorm.

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Amber Asylum sorgten für ruhigere Töne

Ab 15 Uhr folgten dann Amber Asylum. Die vier Damen aus Kalifornien bildeten das völlige Kontrastprogramm zu Lifelover, denn ihr düsterer Folk gehörte zu den ruhigsten Tönen des Festivals. Amer Asylum verbanden zwei Geigen, einen Bass und ein Schlagzeug mit filigranen Gesängen. Mit einem Mal war es in der Höhle still. Man vernahm keine Gespräche, das Publikum lauschte nahezu andächtig.

Zwischen den Liedern brandete dann Jubel auf, denn mit Stücken wie „Autonomy“ oder „Harvester“ nahm die Band die Zuschauer rasch für sich ein. Gegen 16:55 Uhr wurde es dann richtig voll auf der Bühne, denn Camerata Mediolanense waren an der Reihe. Neben den Sängern, Trommlern und weiteren Instrumentalisten der Stammbesetzung brachten die Italiener einen ganzen Chor mit.

Das Publikum bereitete den zahlreichen Musikern einen fulminanten Empfang. Probleme machte dem Chor jedoch zunächst die Technik, denn im ersten Lied war die Solo-Sängerin kaum zu hören. Bald war das Problem aber behoben und Camerata Mediolanense konnten die gesamte Breitseite ihrer Stimmgewalt abrufen.

Es dauerte nicht lange und die Zuschauer waren vollends begeistert. Mit dem Volumen eines ganzen Chors, Soli von Tenor bis Sopran und episch angehauchtem Trommelspiel verschafften Camerata Mediolanense ihrem Publikum echte Gänsehaut-Momente. Die Italiener waren dabei wohl auch die Musiker, die mit am meisten von dem besonderen Klang in der Höhle profitierten. Um 17:50 Uhr ging die Gruppe unter großem Applaus von der Bühne.

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Viel mehr als nur ein Chor: Camerata Mediolanense

Als Zugabe gab es dann noch ein instrumentales Stück mit Klavier und vier Trommeln. Die Stimmung im Publikum war phantastisch, der Jubel enorm. Gegen 18:40 Uhr ging es mit Darkher weiter, die genau wie Crone zu den Newcomern zählten. Das Musikprojekt der Britin Jayn Wissenberg trat in einer Besetzung von drei Musikern auf.

Ein Bass fehlte, dafür wurde die zweite Gitarre zeitweise mit einem Geigenbogen gespielt. Der Gesang war auch bei Darkher leider zeitweise recht leise abgemischt, was im Lauf des Auftritts aber größtenteils behoben werden konnte. Die ruhige, sphärische Rockmusik von Darkher sorgte für gute Publikumsreaktionen.

In zum Teil völliger Dunkelheit überzeugte die Band mit einem atmosphärischen Auftritt, der ihr erstes Konzert in Deutschland darstellte. Gegen 19:20 Uhr verließen Darkher die Bühne und das Prophecy Fest steuerte auf jenen Auftritt zu, den man auf einem normalen Festival wohl das Headliner-Konzert nennen würde.

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Zum ersten Mal in Deutschland: Darkher

Die Umbaupause dauerte jedoch länger als geplant und erst um 20:15 Uhr ging es mit Empyrium los. Das zumindest versuchte die Band, doch der Einstieg wollte zunächst nicht gelingen. Mehrfach brach nämlich das Intro ab, woraufhin die Menge lautstark protestierte. Die Spannung stieg ins Unermessliche. Dann endlich lief das Intro fehlerfrei ab und Empyrium betraten die Bühne. Der Empfang seitens des Publikums war mehr als gebührend.

Doch was war das? Das Empyrium-Ensemble war dieses Mal kleiner als gewohnt. Neben der Stammbesetzung Schwadorf (Gitarre, Gesang) und Thomas Helm (Piano, Gesang) saßen wie üblich folgende Musiker auf der Bühne: Am Schlagzeug Allen B. Konstanz (The Vision Bleak), an der Gitarre Evíga (Dornenreich), am Bass Fursy Teyssier (Les Discrets) und an der Geige Aline Deinert (Neun Welten).

Abwesend waren jedoch Christoph Kutzer (Remember Twilight) am Cello und Neige (Alcest) an der Gitarre. Beide Musiker waren in der Vergangenheit Teil des Empyrium-Ensembles und fehlten nun aus unbekannten Gründen. Doch auch mit der kleineren Besetzung sah man hier keinesfalls „Empyrium light“. Die Band, die einen weiten Bogen von Klassik bis zum Metal spannt, riss das Publikum vollends mit sich.

Als das zweite Lied „The Franconian Woods In Winter’s Silence“ auch nur angekündigt wurde, brauste schon der Jubel auf. Einer der Höhepunkte war auch „Mourners“, das ohne Ansage gespielt wurde. Die Fans erkannten das Lied nach wenigen Noten und waren kaum mehr zu bändigen. Über das gesamte Konzert hinweg war die Stimmung beeindruckend.

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Großartig: Empyrium

Empyrium lieferten hier ein wirklich denkwürdiges Konzert ab. Gespielt wurde dabei auch das brandneue Stück „The Mill“, das auf der exklusiv auf dem Prophecy Fest erhältlichen Schallplatte enthalten ist. Nach „Der Weiher“ verbeugten sich Empyrium vor der Menge. Der Jubel war so groß, dass die Zugabe „Many Moons Ago“ gleich ohne ein Herabsteigen von der Bühne hinterher gespielt wurde.

Unter tosendem Applaus fand das Konzert dann sein Ende. „Das Blau-Kristallne Kämmerlein“ stand noch als zweite Zugabe auf der Liste, wurde aber mutmaßlich aufgrund des Zeitplans nicht mehr gespielt. Eigentlich hätten Empyrium nämlich bis 21 Uhr spielen sollen, mittlerweile war es aber nach 21:30 Uhr.

Bis Tenhi dann auf der Bühne standen (oder besser gesagt saßen) war es eine schwere Geburt. Für Umbau und Soundcheck waren eigentlich 30 Minuten vorgesehen, tatsächlich dauerte es dann über 50 Minuten bis die finnische Folk-Band ihren Anfang machte. Der ging dann auch gleich gründlich schief. Das erste Lied musste abgebrochen werden, die Fans nahmen es noch gelassen und jubelten trotzdem.

Fünf Minuten später begann das Lied erneut – wieder ein Abbruch. Es gab offensichtlich technische Probleme. Eine geschlagene viertel Stunde dauerte dieses Spiel bis es um 22:35 Uhr dann wirklich los ging. Die Band hörte sich zu diesem Zeitpunkt nicht selber, da scheinbar die Monitorboxen ihren Dienst versagten. Dieses Mal wurde aber nicht abgebrochen und Tenhi spielten ihre Lieder.

Aufgrund der Verzögerungen und/oder weiterer technischer Probleme mussten die Finnen jedoch ihre Setliste kürzen und mehrere Lieder ausfallen lassen. Als das Konzert endlich Fahrt aufnahm, war der Jubel dennoch enorm. Die Fans feierten die Gruppe, die in der Balver Höhle ihr erstes Live-Konzert seit acht Jahren spielte.

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Auftritt mit Hindernissen: Tenhi

Leider blieben technische Probleme über den ganzen Auftritt hinweg präsent und trübten das Konzert ein. Einzelne Klangspuren gingen zeitweise unter und der Sound war insgesamt deutlich zu leise. Selbst in der ersten Reihe stehend hörte man mitunter deutlich wenn in den hinteren Reihen gesprochen wurde oder ein Becher auf den Boden fiel.

Was war mit der Tontechnik los, dass selbst eine ausreichende Lautstärke zum Problem werden konnte? Hatten Prophecy Productions einige Scheine an der falschen Stelle gespart? Die Band konnte einem leid tun, denn sie konnte nichts dafür. Der Jubel nach den Liedern war trotzdem groß, das steht außer Frage. Dass die Tontechnik des Festivals dem ersten Tenhi-Konzert seit vielen Jahren keine besseren Rahmenbedingungen bieten konnte, war aber nahezu peinlich.

Manche Fans waren von Tenhi begeistert. Ein zusammengestrichenes, zu leises Konzert mit teils verschluckten Tonspuren und anderen technischen Schnitzern hinterlässt aber unweigerlich einen bitteren Beigeschmack. Einen Coup landeten Tenhi hingegen mit der Zugabe: Bei dem Extra-Lied traten Dornenreich in Form von Evíga (Gitarre) und Inve (Geige) hinzu und verstärkten die Finnen. Der Applaus war riesig. Das Konzert von Tenhi endete schließlich gegen 23:45 nach knapp 70 anstatt geplanten 90 Minuten Spielzeit.

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Gelungene Überraschung: Dornenreich

Evíga und Inve blieben jedoch gleich auf der Bühne und gaben als Dornenreich ein kurzes Überraschungskonzert. Gespielt wurden „Erst deine Träne löscht den Brand“ und „Jagd“ in ihren akustischen Versionen. Die Stimmung während dieser 15 Minuten Dornenreich war bombastisch. Um Mitternacht verabschiedeten sich Dornenreich unter tosendem Applaus. Die Überraschung ihres Konzerts war rundum gelungen.

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Vemod machten den Abschluss

Seinen Abschluss fand das Prophecy Fest dann mit Vemod. Die Band trat kurz nach 0:30 – eine gute Stunde hinter dem Zeitplan – auf die Bühne und brach erst einmal mit den Erwartungen. Als härtere Metal-Band standen Vemod eigentlich für die brachialere Seite des Festivals, ihr Konzert ließen sie aber ganz ruhig beginnen.

Die Gruppe trat zu ruhigen Ambient-Klängen auf die stockdunkle Bühne. Fast 20 Minuten bot die Band Ambient, textlosen aaaaaa-Gesang und vorsichtige Gitarrenklänge. Ab 0:50 Uhr legten Vemod dann den Schalter auf Metal um und sorgten für einen schwungvollen Abschluss des Festivals.

 

Insgesamt war das Prophecy Fest ein außergewöhnliches, lohnendes Musikfestival. Das hoch abwechslungsreiche Bandaufgebot überzeugte dabei ebenso wie die eindrucksvolle Location. Leider gibt es Abzüge in der B-Note aufgrund organisatorischer und vor allem technischer Defizite.

 

Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de

 

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