Oberhalb des mittelfränkischen Ortes Neuhaus an der Pegnitz thront seit Jahrhunderten die Burg Veldenstein. Seit einigen Jahren kehrt jährlich im Juli das Leben in die Gemäuer zurück. Dann nämlich findet im Burghof das Veldensteiner Festival statt.
Am Samstag, dem 24. Juli 2010 war es wieder soweit: Veldensteiner Festival auf der Burganlage. Mit dabei waren dieses Mal ASP, Saltatio Mortis, Eisbrecher, Coppelius, Zwielicht und Ingrimm. Den Festivaltag hält der folgende Bericht fest.
Eine mittelalterliche Burg mit ihrer besonderen Atmosphäre als Veranstaltungsort für ein Musikfestival nutzen zu können ist ein großes Glück. Wenn wie hier das Festival auch noch in Teilen eine mittelalterliche Ausrichtung hat, dann kann erst recht keine Wiese oder gar Halle mehr mithalten.
Im Falle Veldensteiner bevölkerte die Burg neben den im Innenhof stattfindenden Konzerten auch ein kleiner aber feiner Mittelaltermarkt mit diversem Rahmenprogramm. Größter Publikumsmagnet des Marktes waren die Mittelalter-Musiker Dudelzwerge, die den Tag über gekonnt für Stimmung sorgten.
Beim Hauptprogramm im Burghof zeigte sich eine Besonderheit des Veldensteiner Festivals, die bei anderen Veranstaltungen dieser Art eher selten anzutreffen ist: Jede der auftretenden Bands wurde vor Konzertbeginn anmoderiert. Diese Aufgabe hatte man 2010 Donar zugetragen, dem Sänger der Mittelalter-Rock-Band Rabenschrey.
Zum ersten Mal tätig werden konnte er um 14 Uhr, dann nämlich eröffneten Ingrimm das Festival. Die Band aus Regensburg sah sich bei ihrem Konzert einem schon recht belebten Platz gegenüber. Mit ihrem Mittelalter-Metal der etwas härteren Gangart lieferte die Gruppe einen angenehmen deftigen Festivaleinstieg. Erstmal eine ruhige Band zum aufwärmen? Nicht mit Ingrimm! Stattdessen feuerte die Mannschaft rund um Sänger Fenris ihrem Publikum mit viel Druck Lieder wie „Lumpenpack“ oder „Der Rabe“ entgegen.
Das Stück „Teufelsweib“ veranschaulichten Ingrimm dann durch eine Tänzerin, was erwartungsgemäß vor allem beim männlichen Teil des Publikums Anklang fand. Sogar einige „Ausziehen!“-Rufe waren zu vernehmen, doch im Verlauf des Tages sollte sich herausstellen, dass die Frauen unter den Festivalbesucher eben diese Forderung noch um einiges energischer zu stellen wussten. Doch dazu später mehr. Ingrimm jedenfalls verabschiedeten sich nach ihrem letzten „Sag mir nicht“ als letztem Titel. Auf die Zugabewünsche des Publikums konnte aus Zeitgründen nicht eingegangen werden. Nachdem Fenris noch „Viele Grüße vom Ingrimm“ bestellt hatte, verließ die Gruppe um 14:45 Uhr die Bühne.
Weiter ging es um 15:15 Uhr mit Zwielicht. Vor leicht weniger Publikum als Ingrimm bot die Band lockeren Mittelalter-Rock mit Harfe, Geige und Flöte. Zwielicht, die ihren Auftritt zunächst mit einem Akustikstück einläuteten, spielten ein abwechslungsreiches Set. Die Vielfalt ihrer Darbietung schöpfte sich vor allem auf den Doppelfunktionen der Bandmitglieder. So war Harfenspielerin Regina auch als Sängerin zu hören und Flötist Benedikt tauschte sein Instrument im Konzertverlauf gegen ein Fagott.
Beim Publikum kamen Zwielicht gut an, die Menge versetzte sich zum heiter-freudigen Mittelalter-Rock der Gruppe in Feierlaune. Nach einer Stunde Spielzeit verabschiedeten sich Zwielicht unter dem Applaus der Anwesenden. In der folgenden Umbaupause wurde es merklich voller. Zum ersten Mal an diesem Tag standen die Festivalbesucher dicht gedrängt im Burghof, denn nun sollten Coppelius folgen.
Mit ihrer bekannten Bühnenshow im Stil des 18. und 19. Jahrhunderts war die Gruppe erwartungsgemäß das unbestrittene optische Highlight des Festivals. Schon beim Eröffnungsstück „Transsylvaia“ gab es einiges zu sehen. Der bandeigene Butler Bastille stürzte sich samt Schlagbecken in die Menge der Besucher und ließ sich über deren Köpfe hinweggeben. Auf dem Rückweg zur Bühne krachte er mit einiger Wucht in den Fotograben. Das Publikum und die hell aufgeregte Security waren sich nun gleichermaßen unsicher: Wie viel davon war Showelement? Wie viel war Unfall?
Coppelius begeistern schnell und souverän ihre Zuhörer. Die Stimmung drang nun auch bis in die hintersten Reihen vor. Zu bekannten Stücken wie „Murders In The Rue Morgue“ sowie zu neuen Titeln des (sehr energisch durch Bastille beworbenen) kommenden Albums „Zinnober“ feierten die Anwesenden ausgelassen und ließen ihre Köpfe kreisen.
Zu einem wahren Fest für die Damenwelt kam es, als das Publikum Bastille zum Ausziehen bewegte. Auf erste „Ausziehen!“-Rufe reagierte er zunächst lässig und entledigte sich eines (!) Schuhs und eines Handschuhs. Derart angespornt forderten dann jedoch hunderte vor allem weibliche Festivalbesucher das weitere Entkleiden des Butlers. Als Schlagzeuger Nobusama den „Auszeihen!“-Chor dann noch musikalisch untermalte war es geschehen. Bastille zog sich bis auf die (mit Tumult beschriftete) Unterhose aus und bewarf das Publikum mit seinen Socken.
Nach dieser Gaudi setzten Coppelius ihr Konzert fort und verließen nach „To My Creator“ zunächst die Bühne. Dem laut geäußerten Verlangen des Publikums folgend kehrten sie dann mit „Time-Zeit“ auf die Bühne zurück. Das Stück wurde wie gewohnt inklusive Nobusamas langem Schlagzeugsolo vorgetragen, welches sich Kontrabassist Sissy Voss von der ersten Publikumsreihe aus zu Gemüte führte. Mit einem „Coppelius hilft!“ verließen die Frack- und Zylinderträger dann gegen 17:50 Uhr die Bühne.
Eine halbe Stunde später stand Moderator Donar wieder von der Menge und kündigte an, dass es nun kalt auf dem Veldensteiner Festival werde. Dies war das Stichwort für die Neue-Deutsche-Härte-Band Eisbrecher, die mit dem Titellied ihres aktuellen Albums „Eiszeit“ die Bühne betrat. Die Band – oder besser Besatzung – um ihren Kapitän Alexx Wesselsky wurde gebührend vom Publikum empfangen. Der Anfang ihres Konzertes war von einigen technischen Problemen begleitet, so fiel beim zweiten Stück „Angst“ das Mikrofon aus.
Nachdem dem Startschwierigkeiten aber schnell überwunden waren, heizte die Gruppe ihren Fans gekonnt ein. Noch vor Ende des dritten Liedes „Bombe“ wagten erste Stagediver den Ritt über die Menge, die Publikumsreaktionen waren zu jeder Zeit bestens. Mit Blick auf manch andere auftretende Band scherzte Alexx, dass Eisbrecher leider keine Schalmeien oder Dudelsäcke dabei hätten, aber selbstverständlich begeisterten die maritimen Musiker ihre Fans auch so. Lieder wie „Vergissmeinnicht“ oder „Schwarze Witwe“ taten dazu ihr übriges.
Nach einer Zugabe und dem Lied „Miststück“ als Finale beendeten Eisbrecher um 19:30 Uhr ihr Konzert. Das mitsingfreudige Publikum verabschiedete mit tosendem Applaus. Mitgesungen wurde auch bei Saltatio Mortis, die ab 20:10 Uhr auf der Bühne standen. Mit „Rastlos“ enterte die Mittelalter-Rock-Band die Bühne und lieferte dem proppenvollen Platz eine fulminante Darbietung.
Schon beim zweiten Stück „Tritt ein“ fanden gleich mehrere Stagediver auf einmal den Weg in Richtung Fotograben. Dort arbeitete die Security mittlerweile schon fast im Akkord um die ankommenden Lieferungen entgegen zu nehmen. Zu Lieder wie „Salomé“, „Keines Herren Knecht“ oder „Uns gehört die Welt“ lief das Publikum zur Höchstform auf – die Band sowieso. Die Menge zeigte sich auch sehr textsicher und sang begeistert mit. Dazu räumten Saltatio Mortis ihren Fans auch genug Gelegenheiten ein. So stimmte die Gruppe nach „Prometheus“ den Refrain des Liedes erneut an und der gesamte Burghof sang mit.
Permanent begleiteten zahlreiche Stagediver den Auftritt der Mittelalter-Rocker. Sänger Alea, der ohnehin während seiner Darbietung mit diversen Akrobatikeinlagen glänzte, wagte bei „Falsche Freunde“ sogar selbst einen Ritt über die Menge – und traf dabei die Töne! Als Zugabe hätten Saltatio Mortis noch gerne den „Spielmannsschwur“ gespielt, konnten dies mit Verweis auf den strikten Zeitplan aber nicht tun. So sangen sie zusammen mit dem Publikum immerhin noch schnell den oohohoho-Refrain des Liedes und räumten um 21:15 Uhr die Bühne.
Eine gute dreiviertel Stunde später stand dann ein letztes Mal Donar vor der Menge, der eine Danksagung seitens der Veranstalter zu Protokoll gab. Diese richtete sich unter anderem an den Ort Neuhaus, diverse Organisatoren und natürlich an die Festivalbesucher. Anschließend gab Donar die Bühne für den Headliner frei: ASP.
Diese lieferten dem Veldensteiner Festival eine großartige Show. Das Publikum klebte förmlich an der Band und ihrem gleichnamigen Sänger und kreativen Kopf Asp. Schon beim ersten Stück „Denn ich bin dein Meister“, einem noch vergleichsweise langsamen Titel, hielt es auch die ersten Stagediver nicht auf ihren Füßen.
Gut anderthalb Stunden lang spielten ASP nun ein hervorragendes Konzert. Einmal mehr schufen die Band ihre einzige Konzertatmosphäre, die die Anwesenden vollends in ihren Bann zog. Bei bekannten Stücken wie „Ich bin ein wahrer Satan“ oder „Schwarzes Blut“
geriet die Zuschauermenge dabei zu einem mehrere hundert Köpfe starken,
einstimmigen Chor.
„Schwarzes Blut“ sollte auch das letzte Stück vor der Zugabe sein. Nach wenigen „Zugabe„-Rufen skandierte die Menge sehr bald „Wir wollen brennen! Wir wollen brennen!“. Nach „Rain“ spielten ASP dann auch schlussendlich „Ich will brennen“, wie immer einer der Höhepunkte ihres Auftritts.
Vor einer weiteren Zugabe richtete sich Asp dann zunächst mit ernsten Worten an seine Anhänger. Vor den Besuchern des Veldensteiner Festivals sprach er eine Würdigung auf den im April verstorbenen Peter Steele, Sänger der amerikanischen Gothic-Metal-Band Type O Negative. Als letzte Zugabe spielte seine Band dann ein bisher ungehörtes Stück. Die Premiere des Liedes sollte eigentlich erst am Folgetag auf dem Amphi Festival in Köln stattfinden, wurde nun aber spontan vorverlegt.
Ein besseres Ende hätte das Veldensteiner Festival wohl kaum finden können.
Gegen 23:50 Uhr fand das Festival damit seinen Schluss und die Besucher strömten aus der Burg.
Nun möchte ich mit den Worten schließen, die wohl für viele der Angereisten zutreffend sein werden:
Franken, wir sehen uns wieder!
Festivalbericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de