Zum zweiten Mal fand am 22. Juni 2013 das There’s No Tomorrow Open Air, kurz TNT Open Air, statt. Austragungsort war erneut das Kilaneum in Würzburg.
Das ehrenamtlich veranstaltete Black-Metal-Festival hatte in diesem Jahr ein Lineup von insgesamt sieben Bands aufzubieten. Zu sehen waren Helrunar, Agrypnie, Eïs, Heretoir, Apokrypha, A Secret Revealed und Rotovathor.
Eindrücke vom Festival hält dieser Bericht fest.
Das Kilaneum in Würzburg ist ein wirklich ungewöhnlicher Veranstaltungsort für ein Black-Metal-Festival. Ursprünglich beherbergte das Gemäuer nämlich ein Benediktinerinnenkloster. Heute dient das Kilaneum als Veranstaltungs- und Jugendzentrum. Nach wie vor befindet sich das Anwesen aber in christlicher, genauer gesagt katholischer Trägerschaft.
Ausgerechnet hier Black Metal darzubieten mutet erst einmal skurril an. Für den Trägerverein ist dies jedoch kein Widerspruch. Schon zum zweiten Mal in Folge wurde den ehrenamtlichen Veranstaltern das Gelände für ihr Festival zur Verfügung gestellt. Das verdient ausdrückliches Lob, denn so tolerant und weltoffen wie in Würzburg zeigen sich katholische Institutionen gewiss nicht überall.
Stichwort ehrenamtlich: Das TNT Open Air wird von Freiwilligen organisiert und veranstaltet. Vom ganzen Festival-Team verdient an der Veranstaltung niemand etwas. So kam es auch zum spöttischen Eintrittspreis von 5 Euro – für ein Open Air mit sieben Szene-Bands, von denen man zumindest die letzten drei als wirklich bekannt einstufen kann! Ähnlich moderat gestalteten sich auch die Essenspreise. Hier sind wirklich Liebhaber am Werk, quasi eine Veranstaltung von Fans für Fans.
Das Musikprogramm startete pünktlich um 15:30 Uhr mit Rotovathor. Zu dieser Zeit stand das Black-Metal-Trio einem noch recht spärlich gefüllten Klosterinnenhof gegenüber. Die Konzertbesucher, die schon da waren, nahmen die Band aber durchaus wohlwollend auf. Weniger wohlwollend war der Gruppe, die an diesem Tag mit einem Ersatz-Bassisten auftrat, die Technik gesonnen. Mehrere Stücke mussten Rotovathor abbrechen. Die Band spielte eine solide, druckvolle Show, wurde ihre technischen Probleme aber nicht los. Das letzte Stück ihres 30 Minuten langen Sets musste die Gruppe nach zwei Versuchen sogar komplett sein lassen. Am Ende gab es dennoch Applaus für die Band, die sich trotz aller Widrigkeiten tapfer durch ihr Set gearbeitet hatte.
Um 16:20 Uhr standen dann A Secret Revealed auf der Bühne. Die fünf Musiker aus Würzburg boten einen breiter gefächerten Sound als die erste Band. Ihr recht abwechslungsreiches Klangbild beinhaltete harte, aber auch langsame und rifflastige Passagen. Das Publikum nahm die abwechslungsreiche Show gut an. Nach einem gelungenen Auftritt, bei dem sich langsam auch etwas mehr Menschen vor der Bühne einfanden, verabschiedeten sich A Secret Revealed um 16:50 Uhr.
Als nächstes traten Apokrypha auf, ebenfalls Lokalmatadoren aus Würzburg. Im Vergleich zu A Secret Revealed boten Apokrypha nun wieder einen simpleren, geradliniger gestrickten Sound. Ebenso geradlinig und zügig zog die Band praktisch ohne Liedansagen ihr Programm durch. Zur druckvollen Vorstellung der Gruppe wurde es im Klosterinnenhof nun langsam voll. Natürlich sprach das recht spartanische Konzept von Apokrypha nicht jeden der anwesenden Metal-Fans an, insgesamt erhielt die Band aber dennoch mehr als ordentlichen Zuspruch.
Nach den drei „kleinen“ Bands folgte nun mit Heretoir eine schon etwas bekanntere Gruppe. Zwar haben Heretoir lange nicht den Status der drei nachfolgenden Bands, hat in der Szene aber durchaus schon von sich hören gemacht. Ihre Show starteten Heretoir mit 20 Minuten Verspätung. Diese versuchten Bands und Techniker nun den Rest des Tages einzuholen, da das Festival wegen diverser Auflagen möglichst um Mitternacht enden sollte. Trotz der Verzögerung nahmen die Fans Heretoir sehr gut an.
Geboten wurde ein getragener, atmosphärischer Sound, der auch von langen Instrumental-Passagen gekennzeichnet ist. Beim ersten Lied stieß Torsten von Agrypnie als Gastsänger zu Heretoir, was zusätzlich für Applaus sorgte. Nach einem wirklich guten Auftritt ernteten Heretoir neben einigen Jubel auch die ersten Zugabe-Rufe des Tages. Auf die konnte wegen des ohnehin schon überzogenen Zeitplans jedoch nicht eingegangen werden.
Gegen 19:45 Uhr begann dann die Vorstellung von Eïs, die früher einmal als Geïst bekannt waren. Neben zwei Banner-Aufstellern hatten Eïs passend zu ihrem aktuellen Album „Wetterkreuz“ ein großes Holzkreuz als Bühendekoration mitgebracht. So trat die Band dann in markanter, abgewetzter Bühnenkleidung und unterstützt von der Nebelmaschine vor ihr Publikum. Dazu wurde das Intro ihres Stücks „Mann aus Stein“ gespielt, mit dem auch das „Wetterkreuz“-Album beginnt. Insgesamt waren Eïs also gerade dabei, einen wirklich atmosphärischen Start hinzulegen. Dann jedoch – als hätte jemand den Stecker gezogen – brach urplötzlich das Intro ab.
Die Band lächelte tapfer in ihr verdutztes Publikum. Nach kurzer Beratschlagung wurde beschlossen, das Abspielen des Intros nicht erneut zu versuchen. So begannen Eïs sogleich mit dem „Mann aus Stein“. Sofort war die Menge voll dabei und der holprige Start verziehen. Weiter ging es mit den Stücken „Galeere“ und „Kainsmal“, zu denen sich die Fans mehr und mehr begeistert zeigten. Später folgte mit „Am Abgrund“ noch eine echte Live-Premiere, denn diesen Song hatten Eïs bis dahin noch nie live gespielt. Gut kam auch „Bei den Sternen“ an, das ebenfalls vom aktuellen „Wetterkreuz“-Album stammt. Später kreisten die Köpfe noch zur Zugabe „Durch lichtlose Tiefen“, bevor Eïs um 20:50 Uhr das Feld räumten.
30 Minuten später traten Co-Headliner Agrypnie auf. Wer glaubte, die Band würde ihr Set voll auf ihr aktuelles Album „Aetas Cineris“ ausrichten, wurde erst einmal überrascht. Mit „Der tote Trakt“ und „Kadavergehorsam“ begann das Konzert zunächst mit Stücken vom vorherigen Album „16[485]“. Das Publikum bereitete Agrypnie in jedem Fall einen gebührenden Empfang und war vom ersten Moment des Konzertes an in bester Stimmung.
In seinem Verlauf führte der Auftritt natürlich doch noch zu „Aetas Cineris“, so geschehen mit Stücken wie „Trümmer“ oder „Zurück“. Den Anwesenden bot sich insgesamt eine mitreißende Show von Agrypnie, die den Klosterinnenhof zum beben brachte. Wie zuvor schon Eïs würdigten auch Agrypnie ausdrücklich das Engagement der Veranstalter, bevor sie sich mit ihrer Zugabe „Gnosis“ von ihrem begeisterten Publikum verabschiedeten.
Gegen 23 Uhr stand dann mit Helrunar die Band mit dem wohl höchsten Altersdurchschnitt des Abends auf der Bühne. Dass die Headliner des Festivals noch nicht aufs Altenteil gehören, stellten sie aber sogleich unter Beweis. Mit „Kollapsar“ gelang Helrunar schon gleich ein druckvoller Einstieg. Stilistisch durften sich dabei vor allem die Freunde von klassischen Black-Metal-Klängen angesprochen fühlen. Im Gegensatz zu den modernen Eïs und Agrypnie pflegen Helrunar nämlich beinahe schon einen Oldschool-Sound.
Inhaltlich fährt die Band zwar die Pagan-Schiene, vom Klang her bleibt aber alles bewährt, druckvoll und zeitlos. Mit Stücken wie „Unter dem Gletscher“ oder der „Nebelspinne“ ließen Helrunar den Abend gelungen ausklingen. Die Fans ließen in dieser warmen Nacht nur zu gerne die Köpfe dazu kreisen. Die Band mühte sich derweil, in der vorgegebenen Zeit zu bleiben. Tatsächlich sollte das Konzert dann auch kurz vor Mitternacht sein Ende finden. Auf die vielen Zugabe-Rufe hin setzten Helrunar dann aber doch noch ein Lied nach, mit dem wenige Minuten nach Mitternacht dann das TNT Open Air endete.
Die Veranstalter hatten über den Tag hinweg gut 600 Besucher gezählt und zeigten sich mit dieser Resonanz sehr zufrieden.
Das Fazit zum TNT Open Air 2013: Eine gute Bandauswahl, eine tolle Location, niedrige Preise, engagierte Organisatoren und freundliche Helfer – so macht man ein Festival!
Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de