Wave Gotik Treffen 2024 – Festivalbericht

Auch dieses Jahr zog es wieder mehr als 20.000 Gothic-Fans nach Leipzig, um die Stadt über Pfingsten in Besitz zu nehmen. Schon zum 31. Mal fand dort das Wave Gotik Treffen (WGT) statt, wie gewohnt über verschiedenste Veranstaltungsorte in der ganzen Stadt verteilt.

Einen kleinen Einblick in die vielseitige Traditionsveranstaltung der Szene enthält unser Bericht.

Fotolinks: Teil 1 (17. und 18. Mai) / Teil 2 (19. und 20. Mai)

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Wave Gotik Treffen

Donnerstag, der 16.05.2024

Die ersten großen Programmpunkte gibt es beim WGT prinzipiell erst am Freitag. Trotzdem sind für viele Gothics die Partys vor dem eigentlichen Treffen ein wichtiger Punkt auf ihren meist sehr vollen Wunschlisten für das Pfingstwochenende.

So war an der Bändchen- und Ticketausgabe vor dem Bahnhof schon am Donnerstag großer Andrang zu beobachten. Noch vor Öffnung der Schalter bildete sich eine Schlange, die im Laufe des Tages immer länger wurde und sich quer durch den unteren Park zog. Auch der hin und wieder einsetzende Regen hielt kaum einen davon ab, sich frühzeitig sein Bändchen abzuholen.

Wer Zelten wollte und mit dem Zug angereist war, stieg wie jedes Jahr wieder in die Tram  Nummer 11 und fuhr mit Gleichgesinnten zum Agra Messepark. In den Straßenbahnen herrschte gute Stimmung und Vorfreude auf das diesjährige Familientreffen. Erstaunen gab es nur wenn viele der Angereisten ihre Wetter-Apps verglichen, denn die Prognosen waren doch sehr unterschiedlich.

Doch so lange die Agra nicht aussah wie der Acker von Wacken 2023, würde man schon zurechtkommen. So wuchsen auf dem Messegelände nach und nach die Zelte aus dem Boden und am frühen Abend waren viele Besucher bereit für die erste Party. In der Agra 4.2, dem Felsenkeller oder der Moritzbastei wurde dann zum Teil bis 5 Uhr morgens getanzt.

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Große Auswahl für Partygänger

 

Freitag, der 17.05.2024

Der Regen blieb zwar auch am Freitag aus, dafür war es am Morgen sehr windig. Kein gutes Zeichen für das an diesem Nachmittag angesetzte Viktorianische Picknick im Clara-Zetkin Park. Dort trafen sich wieder Freunde des Kleidungsstils des viktorianischen Zeitalters – doch nicht nur die. Für viele Leipziger ist das Picknick längst zum Pflichttermin geworden. So tummelt sich auch dieses Jahr viel mehr Schaulustige als Gothics durch den Park, wobei auch die imposanten Outfits der Gewandeten oft nicht mehr viel mit dem namensgebenden Kleidungsstil zu tun haben.

Wer nichts (mehr) für diese für diese Veranstaltung übrig hat, konnte auch gemütlich durch die Innenstadt schlendern. Diese war für einen Pfingstfreitag überraschend leer. So konnte man in aller Ruhe shoppen und in vielen Läden die extra fürs WGT angebrachte Dekoration bewundern.

Unterdessen bildeten sich bereits Warteschlangen vor den Konzerthäusern. Mancher hart gesottene Fan war schon eine Stunde vor Einlass an Ort und Stelle, um sich einen Platz in der ersten Reihe bei der Lieblingsband zu sichern – selbst wenn diese erst am Abend spielen sollte.

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Auch Warten gehört zum WGT dazu

Im Haus Leipzig wurde es an diesem Tag sehr elektrolastig. Nach acht Jahren Bühnenpause standen dort Suono wieder auf den Brettern die die Welt bedeuten. Neben bekannten Stücken, die man nach der langen Pause wohl schon als Klassiker bezeichnen muss, hatten die zwei Männer aus Ludwigsburg auch einen neuen Song dabei: „Einsamkeit“. Obwohl viele jüngere Besucher die Band wohl nie live erlebt hatten, war das Publikum doch sehr tanzsicher. Immerhin gehören Lieder von Suono auch heute noch zu vielen Electro-Clubabenden dazu.

Im nächsten Slot bekam man zwei Bands zum Preis von einer. Nach knapp 30 Minuten tauschte Basscalate-Frontfrau Julia die Plätze mit Martin am Keybord und die beiden wurden zu Synthattack. Der Grund dazu ist ganz einfach: Von Basscalate gibt es trotz eines neuen Songs noch nicht genug Material um eine ganze Stunde zu füllen.

Weiter ging es mit der deutsch-französischen Band Extize. Mit Unterstützung durch die Tänzerinnen von viXXXen brachte Sänger Raph das jetzt sehr gut gefüllte Haus Leipzig zum Feiern. Ein Duett gab es auch: Mit der Sängerin Yu von der Her Own Word wurde der Song „Dark Knight“ präsentiert. Bei „Gothy Cool“ ging es später im Extize-Stil zurück in die 70er-Jahre.

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Extize

Ebenso elektronisch ging es bei [x]-Rx zu, allerdings war den Fans in den ersten Reihen die Show zu leise. Mehrmals forderten sie die beiden Musiker dazu auf, lauter zu machen. Diese „Forderung“ gaben sie auch an die Tontechnik weiter. Beim dritten Lied war es den Fans wohl laut genug, da die Forderungen verstummten – die Freude hielt aber nur für zwei Lieder an. So zeigten die Zuschauer „Kein Herz“ für die Tontechniker, genau wie der Protagonist im nächsten Song.

Auf die letzte Band im Haus Leipzig hatte mancher Fan sehr lange gewartet. Reaper spielten an diesem Abend nach 14 Jahren ihre Reunion-Show. Zwar gab es in den letzen Jahren immer wieder Solo-DJ-Sets von Reaper, aber kein richtiges Konzert. Hier spielten Vallis und Gregor nun zum ersten Mal wieder live zusammen – wenn auch ohne den verstorbenen Gorden Popp, der durch Gaia Pliefke vertreten wurden.

Wer nach den Konzerten immer noch Live-Musik haben wollte, den zog es in Richtung Agra zum ersten Mitternachts-Special des Festivals. Dank den Zusatzangeboten der Leipziger Verkehrsbetriebe mit mehr Trams (nicht nur bei der Line 11) und engerer Taktung war es problemlos möglich, auch in der Nacht von weiter entfernten Locations wieder zur Agra zu kommen.

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Live-Comeback beim WGT: Reaper

Zwar gab es dieses Jahr keine gesonderten WGT-Ansagen in den Bahnen, dafür teilweise extrem motivierte Fahrer. Die ließen es sich nicht nehmen, die schwarz gekleideten Besucher zu begrüßen, zu verabschieden und ihnen alle wichtigen Haltestellen per Lautsprecher durchzusagen. So macht Straßenbahnfahren auch mitten in der Nacht Spaß und man freute sich zum Teil schon auf die nächste Durchsage.

Zurück zum Mitternachts-Special: Das waren in dieser Nacht die Briten von Ladytron, die um 1 Uhr die Agra-Bühne betraten. Die vier Musiker aus Liverpool spielten einen guten Mix aus ihren sieben Studioalben. Wessen Musik das nicht war, für den gab es aber auch genug Ausweichmöglichkeiten. Egal ob direkt nebenan in der 4.2, im Darkflower zur Welle:Erdball-Party oder beim Fetischball im Kätz Club: Überall konnte man feiern und tanzen bis die Licher ausgingen.

 

Samstag, der 18.05.2024

Viele Menschen schlafen am ersten Tag des Wochenendes gerne aus. So allerdings nicht die Besitzer von Leichenwagen in Leipzig. Ab 11 Uhr traf man sich zum traditionellen Leichentreff um sein  Fahrzeug zu zeigen und auch für einen Erhalt dieser Form des letzten Weges zu demonstrieren. Dass diese Autos nicht nur Gothics interessieren, konnten man am Augusterplatz vor der Oper an den vielen „normal“ gekleideten Menschen erkennen. Diese betrachteten die zum Teil liebevoll restaurierten Autos, unterhielten sich mit den Besitzern und ließen sich auch von einsetzendem Regen nicht abhalten. Wer wollte konnte im Bällebad-Sarg auch schon mal probeliegen.

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Wer hat den schönsten Leichenwagen?

Pünktlich zum Steampunk Picknick kam die Sonne heraus. Die Fans der Retro-Zukunft trafen sich dieses Jahr nicht wie gewohnt im deutschen Kleingärtner-Museum, denn die Veranstaltung ist inzwischen für diese Location zu groß geworden. So fand das Steampunk Picknick dieses Mal im Clara-Zetkin-Park statt, dem Austragungsort des Viktorianischen Picknicks.

Befürchtungen, dass es am Ende genauso übervoll werden sollte wie am Tag zuvor, erfüllten sich nicht. So blieb genug Zeit für das Bestaunen der selbstgebauten Maschinen oder zum Führen von Gesprächen über den Alltag, Beziehungen und zeitfressende Mäuse. Dass man in einem öffentlichen Park nicht ganz für sich allein sein kann, zeigte die Begegnung mit den spazieren gehenden Furrys. Das Aufeinandertreffen der Steampunker und der Flausch-Liebhaber war fast immer lustig und mit dem gegenseitigen Bestaunen der Outfits verbunden.

Wer danach das gute Wetter im Heidnischen Dorf genießen wollte, sollte am besten weder Zeitdruck noch Termine haben. Der Andrang war groß. Wieder war auch die Anzahl der Stände gestiegen, und das schon auf dem Weg von der Straßenbahnhaltestelle zum Torhaus. Noch vor Eintritt ins Heidnische Dorf gab es überall Verpflegung, Schmuck und Accessoires. Aber auch die dort wohnenden Kinder wittern das Geschäft mit den Gruftis und verkaufen ihre selbst gemachten Muffins und Kuchen.

Frisch gestärkt konnte man sich dann in die sehr lange Schlange vor dem Heidnischen Dorf einreihen. Zeitweise ging diese fast bis zur Haltestelle zurück. Wer es endlich ins Dorf geschafft hatte, war allerdings angenehm überrascht. Drinnen herrschte nicht das Gedränge, das man gemessen an der Warteschlange hätte befürchten können.

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Irdorath können endlich wieder auftreten

Eines der musikalischen Highlights waren die Belarussen von Irdorath. Die Mittelalter-Folk-Band machte in den vergangenen Jahren leider nicht mit ihrer wundervollen Musik Schlagzeilen, sondern mit ihrer Festnahme durch das in Belarus herrschende Regime. Dieses hatte die Musiker zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil sie sich an friedlichen regierungskritischen Protesten beteiligt hatten (wir berichteten). Das Konzert auf dem Wave Gotik Treffen war für Irdorath ihr erster deutsche Festival-Auftritt nach der Freilassung aller Bandmitglieder.

Ein weiter musikalischer Höhepunkt im Heidnischen Dorf war der am späten Abend stattfindende Auftritt des französischen Duos Eihwar. Die beiden anonymen Musiker zeigten mit ihrer Viking War Music, dass man nicht viele Instrumente braucht um Zuschauern eine fulminante Show zu bieten. Den Zuschauern bereitete die Show von Eihwar Gänsehaut.

Wer mit dieser Art von Musik nichts anfangen konnte, fühlte sich nicht weit entfernt beim elektronischen Programm in der Agra wohl. Neben In Strict Confidence und Placebo Effect gab es dort zwei der Headliner des diesjährigen Treffens. Die deutsche Aggrotech-Band Agonoize spielte nicht nur ihre größten Hits aus 20 Jahren Bandgeschichte, sondern auch viel aus dem letzten Album. Ihre berühmt-berüchtigte Blutshow hatten sie dieses Mal nicht dabei. Das hatten sie aber schon im Vorfeld angekündigt.

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Wegbereiter des EBM: Nitzer Ebb

Nochmal 20 Jahre mehr auf dem Buckel haben die EBM-Urgesteine Nitzer Ebb, wenn auch in unterschiedlicher Besetzung. Auch diese Show wurde nicht von Douglas McCarthy gesungen, sondern von seinem Partner und Vertreter Bon Harris. Da dies nicht der erste Auftritt von Bon Harris als Hauptsänger war, waren viele Fans den Anblick schon gewohnt und er, als Gründungsmitglied, textsicher.

Ein Mitternachts-Special gab es an diesen Abend wie üblich nicht. Dafür fand wieder die für viele fest zum Samstagsprogramm gehörende Obsession Bizarr statt. Freunde aus dem Bereich Fetisch und SM konnten sich dort wieder zum Anschauen von Shows und zum gemeinsamen Feiern treffen.

 

Sontag, der 19.05.2024

Am Sonntagvormittag erwartete Besucher am Hauptbahnhof ein vertrautes Bild: Volle 11er-Straßenbahnen, Eine Staffel der Bereitschaftspolizei in Aufruhrausrüstung und grölende Fangesänge. Gut, dass die Fußballfans in die andere Richtung mussten und eigene Fanbusse hatten.

Wer es in eine der vollen Trams der Line 11 gepackt hatte, wollte meist zum Mittelaltermarkt auf der Moritzbastei oder zum Heidnischen Dorf am Torhaus Döliz. Da es dort am frühen Nachmittag – anders als am Vortag – noch keine lange Schlange gab, konnte man gemütlich durch die Stände schlendern während im Hintergrund Deus Vult ihr Konzert gaben.

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Hätte die Wettervorhersage nicht Regen angekündigt, hätte man ihnen beim ersten Song einen Regentanz vorwerfen können. Aber auch die Veranstalter hatten schon gut eine Stunde vorher eine Unwetterwarnung für den Zeltplatz heraus gegeben. Allerdings war die Wetterlage regional sehr unterschiedlich. Bei der Agra kamen ein paar große Tropfen herunter und bei der Weinverkostung vor dem Grassimuseum war es komplett trocken.

Eine ganz andere Erfahrung machten die Besucher des Westbades beim Warten auf den Einlass. Innerhalb von Minuten gab es einen Regenschauer, der viele der Wartenden massiv durchnässte. Da der Regen fast zeitgleich mit dem Einlass begann, hatten die vorne in der Schlange stehenden Fans nochmal Glück. Drinnen trocknet man aber sehr schnell, denn schon bei der ersten Band Vanguard war es gut gefüllt und die Stimmung ordentlich.

Genauso gut ging es beim Dortmunder Trio Rroyce weiter. Es gab Fontänen und viel Interaktion mit den Fans, auf und auch abseits der Bühne. Für Sänger Casi schien der Auftritt jedenfalls keine „Arbeit“ zu sein, auch wenn er das bei seiner Rückkehr aus dem Publikum auf die Bühne scherzhaft behauptete.

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Rroyce

Weiter im Programm des Westbades ging es mit den US-Amerikanern Mark Brooks und Emily Kavanaugh. Mit ihrer elektronischen Synth-Wave-Band Night Club spielten sie zum ersten Mal auf dem WGT und hatten gleich ihr neues Album „Masochist“ dabei. Ihr Auftritt war gleichzeitig das Ende ihrer gleichnamigen Tournee mit nur zwei Auftritten in Europa. Dementsprechend groß war auch der Andrang.

Wahrscheinlich lag der Einlassstop aber nicht allein an Night Club, sondern auch an der danach auftretenden deutschen Electro-Pop-Band Frozen Plasma. Zeitweise war die Schlange am Einlass so lang, dass sie sich über die gesamte Länge der Straße zog. Unter ihrem aktuellen Banner mit den Motto „All we have is now“ zeigten Felix Marc und Vasi Vallis was sie können. Mit dabei waren bekannte Songs wie „Gefühlsmaschine“, „Irony“ und „Tanz die Revolution“.

Unter großem Beifall des feiernden Publikums ging auch dieses Konzert zu Ende. Auch wenn sich viele Besucher eine Zugabe gewünscht haben, hörten Frozen Plasma pünktlich auf, damit Ashbury Heights genauso pünktlich anfangen konnten. Die schwedische Band mit Anders Hagström, Sängerin Yasmine Uhlin und Liedern aus fast 20 Jahren Bandgeschichte sollte an diesem Abend der letzte Act im Westbad sein.

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Ashbury Heights

Das zweite und letzte Mitternachts-Special in der Agra bestritt die britische Indie-Rock- und New-Wave-Band Editors. Die Gruppe um Sänger und Gründer Tom Smith trat zum ersten Mal beim WGT auf und lieferte den Besuchern anderthalb Stunden Show.

 

Montag, der 20.05.2024

Der Montag begann für die meisten Besucher mit dem Ausschlafen nach einer langen Partynacht. Manchen war das nicht vergönnt, da sie Koffer packen und Zelte abbauen mussten. Am nächsten Tag rief für viele WGT-Gänger schon wieder die Arbeit. Immerhin konnten sich die Zeltplatz-Besucher darüber freuen, dass sie ihre Zelte bei Sonnenschein und nicht im Regen abbauen mussten.

Wer den Tag noch in Leipzig verbringen konnte, tat dies zum Beispiel bei gutem Wetter im Heidnischen Dorf. Dort animierte die tschechische Folk- und Mittelalter-Band Deloraine ihre Zuschauer zum Mittanzen, was diese munter umsetzten und zwei Tanzkreise bildeten.

Deutlich ruhiger ging es später bei Eric Fish zu. Er war kurzfristig als Ersatz für die erkrankten Mila Mar eingesprungen. Da keiner aus seinen Bands sonst Zeit hatte, saß Eric Fish alleine auf der Bühne und spielte ein Solokonzert. Er selbst setzte sich zum Ziel, das leiseste und ruhigste Konzert auf dem diesjährigen WGT zu geben. So forderte er seine Zuschauer auf, sich zu setzen und es sich gemütlich zu machen, was diese auch taten.

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Tanzwut im Heidnischen Dorf

Der krönenden Abschluss im Heidnischen Dorf bildeten dieses Jahr Tanzwut. Die Mittelalter-Rock-Band rund um Sänger Teufel spielte neben bekannten Hits aus ihrem Programm auch den neuen Song „Bestie Mensch“ live. Das Stück haben sie vor ein paar Wochen als Video veröffentlicht, es ist gleichzeitig auch der Titel ihres kommenden Albums und ihrer gleichnamigen Tour.

Zeitgleich starteten auch in der Agra die letzen Bands des Jahres. Den Anfang machten Gothminister und Merciful Nuns. Danach sollten Vive la Fete ihren Auftritt haben, allerdings mussten auch sie wegen Krankheit absagen. Dafür sprangen Welle:Erdball ein. Trotz der relativen Spontanität hatte sich diese Info über soziale Medien und Mundpropaganda schnell herumgesprochen, sodass der Auftritt von Welle:Erdball zu einem der am besten besuchten Konzerte in der Agra wurde. Wenn nicht sogar das am besten besuchte.

Vor einer sehr vollen Agra-Halle spielten Welle:Erdball Hits aus den vergangen Jahren. Von „23“ bis „Drogenexzess im Musikexpress“ war alles dabei. Wer hoffte etwas von der Ende Mai erscheinenden Single zu hören oder gar einen Vorgeschmack auf 2025, der hatte leider Pech. Ebenfalls Pech hatten die Fans, die nach Zugaben riefen. Die Minimal-Elektroniker beendeten nach 13 Songs pünktlich ihr Set, um Platz für den Closer des Abends zu machen.

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Welle:Erdball wurden zum Besuchermagneten

Das italienische Musikprojekt Kirlian Camera begeisterte mit Songs aus ihren 44 Jahren Bandgeschichte die Besucher und waren so ein würdiger Abschluss für das 31. Wave Gotik Treffen in Leipzig – wenngleich sie weniger Publikum als Welle:Erdball vor der Bühne versammelten. Viele Besucher wollten aber noch nicht ins Bett. Und so wurde auch am letzten Abend bis spät in die Nacht in der 4.2 oder im Darkflower gefeiert.

 

Abschluss

Über vieles wurde im Vorfeld des WGT gemeckert. Warum „Nur“ 175 Künstler? Warum sind nur sehr wenige große Namen dabei? Warum sind die Hotels so teuer? Und so weiter. Da die Hotelpreise auch bei mir der größte Kostenfaktor sind, ist das auch der einzige Kritikpunkt dem ich mich anschließe. Für den die Veranstalter aber auch nichts können.

Was die Anzahl der Künstler angeht, waren es mit allen Zu- und Absagen am Ende doch wieder etwas mehr als 200. Bei mir persönlich wurde die Liste von dem, was ich sehen wollte, schon im Vorfeld viel zu lang. Deshalb kürzte ich dieses Jahr gnadenlos an der Kultur, was ich im Nachgang sehr schade finde, da das Wave Gotik Treffen für mich mehr ist als „nur“ die Bands.

Daher kann ich mich auch der Kritik an den wenigen großen Namen nicht anschließen. Die wenigen Großen haben dazu geführt, dass ich mich wieder viel mehr mit kleinen Bands beschäftigt habe – im Vorfeld und auch vor Ort. Ich habe wieder Bands erleben können, die ich noch gar nicht kannte. So sind mit Eihwar und Night Club vor Ort wieder zwei richtige Perlen begegnet, die ich nur mitgenommen habe, weil sie zeitlich und örtlich gerade reingepasst haben.

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Beispiel für entdeckenswerte kleinere Bands: Eihwar

Ein dickes Lob dieses Jahr geht an die Veranstalter, Organisatoren und Securitys vom Westbad. Da meine Partnerin dieses Jahr leider auf den Rollstuhl angewiesen war, hatten wir uns schon Gedanken gemacht wie es an kleineren Locations funktionieren sollte. Beim Westbad waren alle Sorgen unbegründet. Von Securitys, die nicht nur wussten wo die Fahrstühle waren sondern uns auch immer begleitet haben wenn wir wo hin mussten. Über die Organisatoren, die sich auch schon im Vorfeld Gedanken wegen der Toiletten und Raucherbereiche für Geheingeschränkte gemacht hatten. Bis hin zum Veranstalter, der sogar für Getränke auf der Rollstuhltribüne sorgte als absolut kein Durchkommen mehr war.

So eine vorbildliche Organisation habe ich in den 18 Jahren, in denen ich jetzt Festivals und Konzerte fotografiere, noch nicht erlebt.

 

Bericht: Sven Bähr, Sven(at)dark-festivals.de