Wave Gotik Treffen 2025 – Festivalbericht

Zum 32. Mal wurde Leipzig an Pfingsten wieder zum Zentrum der Schwarzen Szene. Rund 20.000 schwarz gekleidete Menschen pilgerten wieder in die Stadt, um das Wave Gotik Treffen (WGT) zu besuchen. 

Im Mittelpunkt stand natürlich wieder die Musik, doch das WGT wäre nicht das WGT ohne sein vielfältiges Rahmenprogramm. Hier unser Rückblick!

Fotolinks: Teil 1 (6. und 7. Juni) / Teil 2 (8. und 9. Juni)

Wave Gotik Treffen

Donnerstag, der 05.06.2025

Auch wenn jedes Jahr einige schon früher anreisen, um ein paar ruhige Tage zu verleben, ist der klassische Anreisetag für die meisten der Donnerstag. Einer der Gründe warum das seit Jahren so ist, ist die Öffnung des Camping- und Wohnmobilplatzes direkt an der Agra.

Auch wenn dort erst am Donnerstag Einlass war, warteten einige Hardcore-Fans schon seit Montag um sich ihren Lieblings-Zeltplatz zu sichern. Der Beginn des offiziellen Einlasses war – laut Aussagen von Besuchern und Securitys – ein Chaos, das sich aber mit der Zeit lichtete. Nach und nach fuhren die Autos, Wohnmobile und Camper auf das Gelände. Zelte und kleine Camps schossen aus dem Boden und überall richtete man sich wohnlich ein.

Aber nicht nur auf dem Campinggelände war ein reges Treiben zu beobachten. In vielen Hotels der Stadt checkten schwarz gekleidete Menschen ein und auch am Hauptbahnhof gab es einen steten Strom von Gothics, die in Richtung der Trams gingen, um vor allen wieder in die Line 11 einzusteigen.

Diese ist seit Ewigkeiten die Haupt-Tramline für die Schwarze Szene, da sie nicht nur den Hauptbahnhof mit dem Agra-Gelände verbindet, sondern auch die wichtigsten Umstiegspunkte zu den anderen Locations anfährt.

Denn einer der Aspekte, die das WGT so einzigartig machen, ist die Einbindung vieler Veranstaltungsstätten, Clubs und kultureller Einrichtungen in Leipzig. Neben der Linie 11 gab es dieses Jahr auch wieder die Sonderlinie 31, die extra für das Treffen in Betrieb genommen wurde.

Nachdem die Unterkünfte bezogen worden waren, stand bei den meisten etwas wichtiges auf dem Programm: Das Eintauschen des Tickets gegen das Bändchen.
An den Ausgabestellen am HBF, Moritzbastei oder auf dem Agra Gelände gab es zum Teil lange Schlangen von Besuchern. Auch an den “Abendkasse-Schaltern” war zu Beginn sehr reger Betrieb und bei der Verkaufsstelle am HBF eine lange Schlange.

Viele Kurzentschlossene nutzten diese Möglichkeit um sich doch noch ein Ticket zu holen. Bei einigen sorgte aber für Unverständnis, dass man am Hauptbahnhof nur mit Bargeld bezahlen konnte. Nicht jeder führt auf Reisen eine größere Menge Bargeld mit sich. An der Agra gab es hingegen auch die Möglichkeit mit Karte zu bezahlen.

Schlange bei der Bändchenausgabe am Hauptbahnhof

Wer erfolgreich sein Bändchen abgeholt hatte, konnte beruhigt den Eröffnungspartys entgegensehen. Dabei stellte sich die Frage: Zur Party ins Legendäre Darkflower? Doch lieber in die zentral gelegene Moritzbastei? Oder bevorzugt man (gerade als Camper) doch den kurzen Weg zur Agra? Egal für welche der sieben Eröffnungspartys man sich entschied, man konnte sicher sein, dass die Nacht und das WGT erst begonnen hatten.

Wer sich für die Agra entschieden hatte, wurde vor Ort mit drei Änderungen überrascht:

  1. Der Bildschirm vor der Halle, auf dem man ablesen konnte welche DJs dort auflegen (und die Tage darauf auch wann welche Band spielt)
  2. Deutlich weniger Biergarnituren und damit deutlich weniger Sitzgelegenheiten
  3. Das „Riesenrad“. Damit hat das WGT ganz offiziell vor dem Wacken Open Air ein kleines Riesenrad bekommen. Allerdings wurde es an diesem Abend kaum angenommen.

Im Agra Café legten abends DJ Hellboy und DJ DonLevi auf, während in der 4.2 DJ E.L.V.I.S., DJ Oliver Klein und Dr. Mark Benecke die Menschen mit guter Musik zum Tanzen animierten.

 

Freitag, der 06.06.2025

Der erste offizielle Tag des 32. Wave Gotik Treffens startete ruhig. Man konnte ausschlafen, gemütlich Leipzig erkunden, eine der Führungen im Grassi-Museum mitmachen oder sich in “Dr. Faustus – die Gothic-Bar” ein Autogramm von dem Welle:Erdball-Sänger Honey holen. Man konnte aber auch in der Agra 4.2 dem Vortrag von Mark Benecke zum Thema “Serienmord und Kannibalismus“ lauschen oder ins Theaterhaus Schille zur Lesung von Christian von Aster gehen.

Der Programmpunkt, der das WGT wohl am meisten nach außen projiziert, ist und bleibt wohl aber das Viktorianische Picknick im Clara Zetkin Park. Seit Jahren ist es der bekannteste Anlaufpunkt für Besucher des Treffens, für viele Leipziger und noch mehr Schaulustige ist.  Schon vor dem eigentlichen Beginn waren viele gestylte Menschen auf dem Weg zum Park, um ihre zum Teil selbst gemachten Outfits zu präsentieren.

Zumindest wenn einem das wechselhafte Wetter keinen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Das eine oder andere schöne Outfit dürfte wegen des angekündigten Regens im Hotel oder Zelt geblieben sein.

Zu schade aber, dass die eigentlich namensgebenden Outifíts im viktorianischen Stil immer weniger zu finden sind – und das auch ohne Regen. Die viktorianisch gekleideten Besucher gehen oft einfach in der Masse von Schaulustigen unter. Auf jeden Gothic kamen wieder dutzende Schaulustige, sodass es für die, die wirklich dort Picknicken wollten, nicht angenehm war. Die Besucher, die aber nur zum Schaulaufen zum Viktorianischen Picknick kamen, hatten aber auch dieses Jahr wieder ihre  Freude.

Aufwändige Outfits gehören beim WGT dazu

Musikalisch ging es zwar schon nachmittags mit Totus Gaudeo im Heidnischen Dorf los, die meisten Spielstätten begannen ihr Programm aber etwa um 17 Uhr. Die WGT-Besucher mussten sich also fragen: Was und wo interessiert mich heute? Mit etwa einem halben Dutzend Locations, die an diesem Abend Konzerte anboten, fiel die Entscheidung nicht immer ganz einfach.

Haus Leipzig war dabei die Anlaufstelle für Fans von EBM und Industrial Metal. Die Eröffnung machte Chainreactor aus Düsseldorf. Jens Minor, der das Projekt 2009 gegründet hat, nutzte den Auftritt gleich um sein an diesem Tag erscheinendes zehntes Album „War Machinery“ vorzustellen.

Weiter ging es mit Antibody. Die Band rund um Jan Laustroe spielte zum ersten Mal auf dem WGT. Leider blieb sie bei ihrem Auftritt nicht von technischen Problemen verschont. Die Besucher sahen es der Band nach und feierten kräftig mit.

Als drittes betrat Basszilla die Bühne, das Solo- beziehungsweise Nebenprojekt des Extize-Sängers Cyb3rella. Mit sehr eigenem Musikstil, einem Gitarristen und den Tänzerinnen von Vixxxen sorgte Basszilla dafür, dass ausgiebig getanzt wurde. Neben Hits wie “Hell Rave” und “Last Day on Eartt” durfte natürlich zum Abschluss das neueste Lied “Life is hard” nicht fehlen.

2014 gab die Band Eisenfunk ihre Auflösung bekannt, im September 2024 ihr Comeback. Damit war der Auftritt auf dem WGT nun eines ihrer ersten Konzerte nach zehn Jahren Bühnenabstinenz. Dementsprechend wurde die Band von vielen alten Fans heiß erwartet. Dies führte auch zu einer Schlange vor dem Haus Leipzig. Zum „Glück“ für die Wartenden hatten auch Eisenfunk technische Probleme und fingen daher verspätet an.

Allerdings war es trotzdem irgendwann voll und es gab Einlass-Stopp. Nach circa 15 Minuten wurde das technische Problem unter tosendem Applaus gelöst und Eisenfunk legten los. Bei den langjährigen Fans sprang der Funke bei den alten Hits wie „Schmerzfrequenz“ sofort über, neue Lieder wie „Gib mir mal den Hammer“ und „Stammeskrieger“ wollten dagegen nicht sofort zünden.

Zu „Super Action Handlungsheld“ gab es auf der Bühne tatkräftige Unterstützung von Superman und Batman. Während bei neuen Liedern weniger Bewegung im Saal war tanze beim Klassiker „Pong“ alles was sich bewegen konnte. Und wer nicht tanzen konnte spielte mit grünen Luftballons, die ins Publikum geworfen wurden, einfach selbst Pong.

Eisenfunk im Haus Leipzig

Nach hieß es für die Masse erst mal raus aus der Sauna, in die sich das Haus Leipzig verwandelt hatte, um frische Luft schnappen. Zum Abschluss des Abends bei Noisuf-X war die Location aber wieder voll. Allerdings hatten auch sie beim ersten Lied technische Probleme. Stellenweise hörte man vorne nur den Bass. Nachdem die Probleme gelöst waren, ging die Party richtig los und wer noch tanzen konnte tat dies auch. Allerdings forderten die dicke Luft, die Hitze und viele Bewegungen ihren Preis in Form einer umgekippten Person.

Weitere Highlights an diesem Abend gab es auf der Agra. Dort spielte die deutsche Pop-Gruppe Alphaville. Auf den ersten Blick konnte man nicht verstehen was diese mit dem WGT zu tun hat, trotzdem gehören ihre Hits wie „Big in Japan“ oder „Forever Young“ für viele zu ihrer Jugend. So wunderte es auch nicht, dass die Agra bis zum letzten Platz gefüllt war und es auch hier einen Einlass-Stopp gab.

Auch bei der schwedischen Synthiepop-Band Kite wurde es nicht leerer. Die beiden Musiker zeigten was sie konnten bevor nach „Panic Music“  in der Agra die Lichter angingen und die Besucher zu den Ausgängen gescheucht wurden.

Aber damit hatte der Abend erst begonnen: Egal ob wieder in der Agra 4.2 mit DJ Fulber (Front Line Assembly) und DJ Bruno Kamm (Das Ich), im Parkschloss zur dunkelromantischen Tanznacht mit DJ Remo Sorge und Passing Mask oder im  Darkflower mit DJ Honey (Welle:Erdball) – überall wurde bis in die frühen Morgenstunden gefeiert und gelacht.

Nach dem Konzert ist vor der Party

 

Samstag, der 07.06.2025

Mit windiger Wettervorhersage startete Leipzig in den Samstag. Das hielt die Sportbegeisterten morgens um 11:11 Uhr nicht davon ab sich zum zehnten WGT Gothic-Run an der Parkbühne zu treffen. Zur Auswahl gab es zwei Kurse durch den Clara Zetkin Park.

Überhaupt spielte sich an diesem Samstag vieles im Clara Zetkin Park ab. Aufgrund des Stadtfests war der Platz vor der Oper für Autos gesperrt. Das betraf natürlich auch Leichenwagen. Daher trafen sich die Freunde des letzten Gefährts dieses Jahr auch im Park, allerdings an der Anton-Bruckner-Allee. Dort konnten ab 11 Uhr Leichenwagen verschiedenster Machart bewundert werden. Manche davon standen noch aktiv im Einsatz, andere waren liebevoll restauriert oder für den Eigengebrauch umgebaut worden.

Um 13 Uhr ging es dann als Kolonne weiter Richtung Südfriedhof. Die Fahrt stand auch dieses Jahr wieder unter dem Motto: Für den Erhalt zeremonieller Bestattungswagen und andächtiger Friedhöfe.

Viele Zuschauer gingen anschließend einfach einige Meter weiter zum Steampunk Picknick. Ab 14 Uhr trafen sich die Freunde des Retro-Futurismus zum gemeinsamen Speisen und um ihre neusten Accessoires und Outfits vorzuführen. Aufgrund der gewählten Location zog das Steampunk Picknick nun allerdings viel mehr Schaulustige an.

Zwar freuten sich viele Teilnehmer über Interessierte, aber es ging viel vom Flair des Deutschen Kleingärten-Museums verloren. Man fühlte sich teils wie beim Viktorianischen Picknick, das auch immer wieder droht überlaufen zu werden. Ob das die nun ansässigen drei Zeitreise-Ämter wettmachen ist die Frage. Auch wurde unter anderem eine Rüge wegen Majestätsbeleidigung verteilt, da nicht alle neugierigen Schaulustigen wissen was sich gehört und mitunter ins Fettnäpfchen traten.

Die Organisatoren des Picknicks, Goth United, hatten auf Facebook schon angekündigt, dass es nur eine „Light-Version und gleichzeitig auch das letzte von uns organisierte Steampunk Picknick“ sein würde. Ob und wie es mit dem Steampunk Picknick weitergehen wird ist aktuell unbekannt.

Besucher des Steampunk Picknicks

Das Wetter verschlechtert sich zusehends bis es am Nachmittag zu den ersten kürzeren Regenschauern kam. Je nachdem wo man war wurde man einmal kurz nass, es ging die Welt unter oder es wechselten sich Regen und kein Regen alle paar Minuten ab.

Während man auf dem Agra Gelände bei Absurd Minds oder auf der Szene-Messe gut Zuflucht suchen konnte, wurde es im Heidnischen Dorf schon schwieriger. Dort wurde jeder halbwegs trockener Ort als Regenschutz genutzt – egal ob Verkaufsstand, Baum oder einfach nur ein großes Blatt.

Rechtzeitig zu Vroudenspil hatte der Regen aufgehört. Die Folk- und Mittelalter-Band aus München begeisterte das Publikum eine gute dreiviertel Stunde lang bevor sie die Bühne für Sängerin Bonnie Banks und Kupfergold freigeben musste. Die Mittelalter-Band aus dem Rheinland zeigte warum sie es trotz lediglich zweier Alben geschafft hatte, sich eine große Fanbase aufzubauen. So waren zwar alle Stücke wie „Am Arsch“ oder „Met Kasalla uss Valhalla“ bekannt, dafür war das Publikum dann aber auch deutlich textsicherer und tanzwütiger als bei anderen Bands dieser Größenordnung.

Mit der NDH-Band Stahlmann wurde es musikalisch gesehen härter. Die vier Männer aus Göttingen spielten ein Set mit Stücken wie „Stahlmann“, „Hass mich“ und „Adrenalin“. Mit diesen Klassikern heizten sie den Zuschauern richtig ein.

Stahlmann im Heidnischen Dorf

Den Abschluss im Heidnischen Dorf machte Osi an the Jupiter. Hinter diesen Namen verbirgt sich Sean Kratz, der mit seinem sehr ruhigen und melodischen Nordic-Ritual-Folk die Zuschauer in seinen Bann zog.

Ein paar Meter weiter in der Agra standen die Zeichen hingegen auf Elektronik. Mit Absurd Minds, SpetsnazS.I.T.D. und Funker Vogt traten dort mehrere Vertreter von EBM und Industrial auf.

Der Headliner des Abends war dort aber eindeutig auch die beliebteste Band an diesem Abend: Combichrist. Die Aggrotech-Band um Sänger Andy LaPlegua zeigte was sie drauf hat. Mit dem Lied „All Pain is Gone“ wurde direkt der Takt für den restlichen Abend gesetzt. Neben den Klassikern wie „Electohead“ und „Can’t Control“ wurde auch viel aus dem 2024 erschienenen Album „CMBCRST“ gespielt. Das Set kam gut an und Combichrist brachten die Halle zum Feiern.

Combichrist in der Agra

Nach fast anderthalb Stunden war auch dieser Auftritt zu Ende und man stellte sich die Frage wo es als nächstes hingehen sollte. Neben den schon bekannten Clubs gab es an diesen Abend auch noch die Obsession Bizarr. Diese schon traditionell im Rahmen des WGT stattfindenden Fetisch-Party zog viele Anhänger der Schwarzen Szene mit besonderen Vorlieben an, die in der Kuppelhalle des Volkspalastes mit bis in die frühen Morgenstunden mit Gleichgesinnten feierten.

 

Sonntag, der 08.06.2025

Der Sonntag begann windig und regnerisch. So wurde von vielen beschlossen auf Showlaufen zu verzichten und lieber ein paar Stunden schlaf nachzuholen. Kultur-Indoor-Veranstaltungen waren auch an diesem Tag wieder sehr begehrt. Das konnte man am zweiten Auftritt von Der Tod in der Agra 4.2 und am Akustikkonzert von Janus ablesen.

Schon gut vor dem eigentlichen Einlass sammelte sich eine Menschenmenge vor der Peterskirche zum Konzert von Janus. Bis zum Einlass um 15:30 Uhr hatte sich dann eine gute Anzahl an Schwarzen vor dem Kirchenportal und auf dem Kirchenvorplatz eingefunden.

Platz vor der Peterskirche

Die bestuhlte Kirche wurde bis auf den letzten Platz gefüllt. Obwohl es für Janus der dritte Auftritt innerhalb von 24 Stunden war, gaben Dirk Riegert und Tobias Hahn noch einmal alles. Wer am Vorabend schon im Felsenkeller war, erkannte einige Lieder wie „Dorinas Bild“ wieder, auch wenn es ganz anders vorgesungen wurde. Die Texte von Janus waren schon immer für ihre Facetten bekannt, die sich um die menschlichen Abgründe drehen. Nun in der Peterskirche kamen die Lieder und ihre Texte in der akustischen Variante noch einmal ganz anders zur Geltung.

Wenn jemand, warum auch immer, die Kirche verließ wurde der Platz sofort von einem der draußen Wartenden eingenommen. Selbst bei der Zugabe warteten draußen noch einige und hofften auf Einlass zu diesem unvergesslichen Erlebnis. Einige warteten allerdings vergeblich, denn nach der Ballade vom alten Seemann endete nach etwa einer Stunde das Konzert mit tosendem Applaus und Standing Ovations.

Janus in der Peterskirche

Wer danach ins Heidnische Dorf gehen wollte brauchte gutes Schuhwerk. Das wechselhafte Wetter der vergangenen Tage hatte dafür gesorgt, dass es stellenweise richtig matschig war. Das machte den Fans von Finntroll aber nichts aus. Und so gab es für Freunde des Folk Black Metal an diesem Tag nur einen Anlaufpunkt.

Wer sich nicht die Schuhe schmutzig machen wollte, fand unter anderem im Täubchenthal wieder viele Gleichgesinnte bei elektronischer Musik. Von Xotox über Liebknecht ging es dort zum abendlichen Höhepunkt Klangstabil über. Das Elektronik-Projekt von Maurizio Blanco und Moris May fesselte die Zuschauer mit ihrer ganz  eigenen Art von Musik.

Die bei Crimson Veil und Xandria noch halbvolle Arga Halle erhielt bei Drab Majesty immer mehr Zulauf bis es beim Konzert von Joachim Witt schließlich richtig voll war. Mit seinen bekannten Liedern wie „Rübezahl“, „So tief“ oder „Die Flut“ zeigte der 76-jährige Sänger, dass er es immer noch schafft eine Halle mitzureißen. Spätestens beim „Goldenen Reiter“ sagen auch die mit, die nicht mit der Neuen Deutschen Welle groß geworden sind. Selbst die kleinen Kinder, die am Rande im Schlepptau ihrer Eltern mit dabei waren, tanzten und sagen begeistert mit.

Zugabe-Rufe nach dem Konzert wurden konsequent ignoriert und als dann auch das Licht anging wurde jedem klar, dass von Joachim Witt jetzt nichts mehr kommt. Trotzdem verblieben die meisten in der Agra Halle, denn mit Silke Bischoff folgte nun eine Band, die wohl nur die wenigsten je live gesehen hatten. Auch wenn die jetzige Konstellation kaum noch etwas mit der Originalbesetzung zu tun hatte, wurde der Auftritt mit Spannung erwartet.

Das Konzert wurde zu Ehren des im August 2017 verstorbenen Sängers und Mitgründers Felix Flaucher aufgeführt, wie die Anmoderation klar machte. Daher werde es Gastsänger geben und Unterstützung durch Lichtdesign und Projektionen. Zu Beginn wurde ein Interview von Felix an die Wände gestrahlt, in dem er die Namensgebung der Band erklärte.

Die ersten vier Lieder gab Alexander Veljanov, der Sänger von Deine Lakaien, zum Besten. Unter anderem sang er „Northern Lights“ und „The Letter“. Nach einer kurzen Umbaupause, die Moderator Elvis mit Geschichten aus der Anfangszeit überbrückte, übernahm Axel Kretschmann. Der Mitgründer des Projekts Silke Bischoff begann mit dem Lied „Graveyard“, das er damals extra zur Beerdigung von Felix geschrieben hatte.

Nach weiteren drei Liedern gab es wieder eine Umbaupause und Sven Friedrich (Solar Fake) übernahm das Mikro. Ihm gebührte auch die Ehre mit „Under your Skin“ eines der beliebtesten Stücke der Band zu singen. Unterstützung bekam er von Sängerin Ines Gorka. Den große Hit von Silke Bischoff, „On the Other Side (I’ll See You Again)“, sangen aber dann alle zusammen mit den Original-Einspielern von Felix. Nach „Small and Tired“ endete das Konzert unter dem Applaus der Besucher.

Alexander Veljanov beim Konzert von Silke Bischoff

Im Vorfeld wurde schon viel über den Auftritt diskutiert und auch im Nachgang fand diese Umsetzung nicht bei allen Anklang. Gerade bei Fans, die die Original-Auftritte erlebt hatten, kam die Kritik, dass es zwar gut war, aber nicht mit der Stimme von Felix Flaucher zu vergleichen.

Wer danach nicht ins Bett oder in einen der Clubs wollte, konnte sich in der Agra noch das Mitternachtskonzert anschauen. Dieses spielte die britische Post-Punk-Band Public Image Ltd. Die vier Musiker spielten Hits aus ihren 15 Alben und ihrer – mit Unterbrechung – bis in die 70er-Jahre zurückreichenden Bandgeschichte.

 

Montag, der 09.06.2025

Wer am letzten WGT-Tag morgens aus dem Zelt oder Fenster sah, erblickte einen genauso trüben Himmel wie an den Vortagen. So wappneten sich die WGT-Besucher klamottentechnisch für Wind, Regen und Kälte.

Trotzdem zog es viele an diesem Tag ins Heidnische Dorf. Da es dort auch eine Tageskasse gab, sah man auch viele Leipziger, die sich das Dorf anschauten. Und zu schauen gab es einiges, auch einige Änderungen im Vergleich zu den vergangen Jahren. Was als erstes auffiel waren die geänderten Kassen und der geänderte Eingangsbereich.

Dieser war so umgebaut worden, dass man von der Kasse direkt zum Einlass und zur Kontrolle kam. Die war dieses Mal ein gutes Stück vor der Brücke untergebracht, was den ganzen Einlass deutlich entspannter machte. Auch sehr auffallend war, dass das Dorf zweigeteilt war. Gegenüber des Einlasses gab es auf dem Feld einen zweiten kleineren Bereich mit Händlern und Attraktionen für die kleinsten. Wer dort rein wollte musste sich aber am Ausgang des größeren Stücks einen Stempel abholen.

Die Bühnen befanden sich hingehen am altbekannten Platz. Dort markierten Delva an diesem Tag den Beginn des Musikprogramms. Bei schönstem Sonnenschein spielten unter anderem auch Vermaledeyt und Haggefugg.

Zum Auftritt der Letzten Instanz wurde es vor der Bühne richtig voll. Da sie im November 2024 ihre Auflösung den November 2025 angekündigt hatte, wollte viele Fans die Band noch einmal live sehen. So gab es dann auch ein Best Of aus 29 Jahren Bandgeschichte wie „Maskenball“, „Flucht ins Glück“ oder „Das schönste Lied der Welt“. Mit der Zugabe „Noch einmal“ verabschiedete sich die Letzte Instanz von ihren Fans und beendete ihren wahrscheinlich letzten Auftritt auf dem Wave Gotik Treffen.

Letzte Instanz im Heidnischen Dorf

Das doch überraschend gute Wetter sorgte nicht nur dafür, dass das Heidnische Dorf so beliebt war. Auch auf dem Agra Gelände war deutlich mehr los als in den vergangenen Tagen. Überall auf dem Gelände saßen, lachten und amüsierten sich die Besucher. Der Mangel an Sitzmöglichkeiten kam auch deutlicher zum Tragen als in den vergangenen Tagen. Auch nutzen viele das Gute Wetter um einen Teil der Campingausrüstung zum Auto zu bringen oder, falls sie am nächsten Tag arbeiten mussten, gar schon komplett abzubauen.

In der Agra Halle selbst war trotz Szene-Größen wie  Ost+Front und L’Âme Immortelle weniger los als die Tage zuvor. Dies hielt die beiden Österreicher Thomas Rainer und Sonja Kraushofer nicht davon ab zu zeigen was in ihnen steckt.

Bei den finnischen Dark-Rockern von The 69 Eyes war es dann doch schon deutlich gefüllter. Die aus Helsinki stammende Band zeigte warum sie seit 2003 immer wieder ein gern gesehener Gast auf dem Wave Gotik Treffen ist. Mit Hits wie „Perfect Skin“, „Gothic Girl“ und „Wasting the Dawn“ begeisterten The 69 Eyes die Besucher.

Den Höhepunkt des letzten WGT-Abends bildete aber die deutsche Band Camouflage. Die Synthie-Pop-Band mit 40 Jahren Erfahrung wusste die Fans in Stimmung zu bringen. In etwa einer Stunde Spielzeit präsentierten Camouflage Hits wie „Fade in  Memory“ oder „The Great Commandment“. Zwischenzeitlich war die Halle so voll dass es einen Einlass-Stopp gab.

Camouflage in der Agra

Zum Abschluss war in der Agra die britische Independent-Band New Model Army zu sehen. Die 1980 gegründete Band rund um Sänger und Gründungsmitglied Justian Sullivan spielte einen guten Mix aus ihrer langen Bandgeschichte. Mit dabei waren auch die Hits „First Summer After“, „Never Arriving“ und „Vagabonds“.

Um kurz vor Mitternacht war dann auch das letzte Konzert des 32. Wave Gotik Treffens zu Ende. Für viele ging es danach zurück ins Hotel oder ins Zelt. Aber die ganz Feierwütigen gingen einfach weiter in die Agra 4.2 zu DJ Diva und DJ Joy Scott bis die Lichter angingen und auch für sie das WGT endgültig endete.

 

Fazit

Das Musikprogramm des WGT ist in Qualität und Quantität der teilnehmenden Bands über jeden Zweifel erhaben. Im Fazit möchte ich deshalb vor allem auf das „Drumherum“ eingehen.

Man merkt, dass die Veranstalter an allen Ecken und Enden am Optimieren und Basteln sind. Sei es der direkte Weg zum Parkschlösschen (wo ich aus Zeitgründen nicht war) oder der Umbau am Heidnischen Dorf, der mir sehr gut gefallen hat. Und damit meine ich nicht nur den Eingangsbereich, sondern auch ein das Verschieben von Ständen im Dorf selber, wodurch sich neue Laufwege ergeben haben. Hier tut sich wirklich einiges.

Was aber negativ aufgefallen ist war der Mangel an Sitzmöglichkeiten an der Agra. Klar, die war noch nie mit einem Überfluss daran gesegnet. Aber dieses Jahr fiel es nun mal besonders auf. Vor allem beim schönen Wetter am Montag merkte man, dass es weniger Sitzmöglichkeiten waren als in den vergangenen Jahren. Ob wir mit rund 19.000 Besuchern einfach mehr waren als geplant und daher einige gefehlt haben, kann ich nicht sagen.

Ein weiterer Kritikpunkt waren die Schaulustigen auf dem Steampunk Picknick. Ich meide das Viktorianische Picknick schon seit einigen Jahren, da es absolut überlaufen ist und für nichts mehr mit Viktorianisch und auch nichts mehr mit Picknick zu tun hat. Die Befürchtung ist, dass das Steampunk Picknick denselben Weg geht – sollte es nochmal stattfinden.

Dabei geht es mir nicht darum, dass sich Außenstehende dafür interessieren, sondern darum dass extrem viele anscheinend keine gute Kinderstube genossen haben. Sei es durch das ungefragte Fotografieren mit dem Handy oder dadurch sich dreist vor die Linse von (Berufs-)Fotografen zu stellen, die für ihre Fotos höflich fragen und sich an die Regeln halten.

Ich werde es mir 2026 noch mal in Ruhe anschauen und dann entscheiden. Trotz der Ärgernisse gibt es nämlich auch viele Gründe, die für einen Besuch des Steampunk Picknicks sprechen. Zum Beispiel die Requisitenbauerin. Die stellt nicht nur aufwändige Requisiten wie Steampunk-Teddybären her, sondern gibt auch Geschichten dazu zum Besten. Und wie die Geschichte um die mutierten Teddybären und die verbotenen Süßigkeiten weitergeht will ich ja schon wissen…

In diesem Sinne sieht man sich auch hoffentlich nächstes Jahr wieder auf dem Wave Gotik Treffen in Leipzig!

 

Bericht: Sven Bähr, Sven(at)dark-festivals.de