Prophecy Fest 2021 – Festivalbericht

Prophecy Productions ist das deutsche Plattenlabel mit Ausrichtung auf alles, was anspruchsvoll und ungewöhnlich ist. In diesem Jahr feierte das Label sein 25-jähriges Bestehen. Zelebriert werden sollte das Jubiläum auf dem Prophecy Fest, dem labeleigenen Musikfestival im Sauerland.

Wie so viele andere Veranstaltungen hing aber auch das Prophecy Fest am seidenen Faden. Auch im Spätsommer 2021 fiel noch so manches Konzert den Ausläufern der Corona-Pandemie zum Opfer. Das Prophecy Fest konnte am Ende dann aber tatsächlich stattfinden.

So luden die Veranstalter Musikfreunde vom 9. bis zum 11. September in die Balver Höhle ein. Umgeben von blankem Fels gaben sich dort Künstler von Black Metal über Dark Folk bis hin zu melancholischer Popmusik ein Stelldichein. Werfen wir einen Blick zurück!

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Prophecy Fest

Mit der Planungssicherheit für welche Veranstaltungen auch immer war es im Jahr 2021 nicht weit her. Auch Prophecy Productions hatten so manche Szenarien durchgespielt, um den Widrigkeiten der Pandemie zu trotzen. Vor allem wurden die Eintrittskarten für das Prophecy Fest im Vorfeld auf 999 Stück limitiert. Damit blieb man unter der Grenze von 1.000 Besuchern, ab der ein Event als Großveranstaltung gilt.

Schlussendlich gab es behördlicherseits aber gar keine Einschränkungen im Bezug auf die Besucherzahl. Die einzigen spürbaren Auflagen waren die Personalisierung der Tickets und die Nachweispflicht im Bezug auf Impfung und dergleichen. Jeder Besucher lud dazu im Vorfeld seine persönlichen Angaben und den Nachweis über Impfung, Test oder ähnliches in ein Kontaktformular.

Darüber hinaus gab es praktisch keine Einschränkungen, auch keine Maskenpflicht auf dem Gelände oder ähnliches. Das Prophecy Fest fühlte sich dadurch an wie ein ganz normales Festival in Vor-Corona-Zeiten. Ein Problem war das nicht, denn fast alle waren geimpft. Lediglich rund 40 Personen hatten „nur“ einen Coronatest (selbstverständlich negativ). Eine einstellige Zahl von Gästen war bereits genesen. Die verbleibenden Festivalbesucher, also deutlich über 90 %, waren komplett geimpft.

Folglich ließen die Behörden den Veranstaltern auch weitgehend freie Hand. Die wiederum lobten ausdrücklich die zugewandte Mitwirkung der staatlichen Stellen. Prophecy Productions und die verantwortlichen Behörden hatten sich im Vorfeld eng abgestimmt, um das Festival zu ermöglichen. Wer aus welchen Gründen auch immer trotzdem nicht dabei sein konnte, für den gab es dennoch Abhilfe: Das gesamte Festival wurde per Livestream ins Internet übertragen.

 

Auftakt – Donnerstag, der 09.09.2021

Vor den beiden eigentlichen Festivaltagen gab es bereits eine Auftaktveranstaltung. Das Prophecy-Team lud seine Fans auf eine Wiese neben der Höhle ein und veranstaltete dort eine Art Geburtstagsfeier. Bänke und Zelte standen bereit, dazu eine winzige Bühne. Auf dem Plan stand gemütliches Beisammensein mit musikalischer Untermalung.

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Festivalauftakt am Donnerstag

Zur Feier des Tages spendierte Prophecy dabei allen Anwesenden Freibier und einen Imbiss. Diese schöne Geste zeigte beispielhaft, dass es hier wirklich um die Sache ging und nicht um Gewinnmaximierung. Das gleiche galt für das katalogdicke, kostenlose Programmbuch des Festivals. All das sind Dinge, die niemand vermisst hätte, die von den Besuchern aber durchaus als besondere Form der Wertschätzung anerkannt wurden.

Musikalisch wurde die Auftaktveranstaltung ab 17:45 Uhr zunächst von Mosaic und Zwischenlichten begleitet. Die beiden Musiker absolvierten einen gemeinsamen Auftritt, bei dem sie abwechselnd ihre Lieder spielten. Zwischenlichten zeigte sich dabei als klassischer Folk-Sänger mit Stimme und Gitarre. Mosaic lieferte ebenfalls Folk-Balladen, darüber hinaus aber auch Textvorträge, die er mit bebender Stimme vor einem elektronischen Hintergrund vortrug.

Neun Welten traten nicht in ihrer vollen Besetzung auf, sondern als Duo mit Gitarre und Cello. Die Dark-Folk-Künstler gruben tief im Archiv und spielten auch alte Lieder aus ihrer Anfangszeit. Alle Auftretenden bekamen durchaus Applaus, insgesamt stand aber das fröhliche Beisammensein im Vordergrund. Der Sommerabend auf der Wiese war keine klassische Konzertveranstaltung, sonder mehr ein Picknick mit Musikbegleitung.

An diesem nahmen auch erstaunlich viele Leute teil. Man hätte meinen können, dass zum Auftakt am Donnerstag nur die 50 eingefleischten Fans kommen. Von wegen! Auch hier waren schon mehrere hundert Menschen zugegen, die nach der langen Corona-Pause ihren Musikbedarf stillten. Pech hatte nur der Folk-Sänger Vrimuot. Pünktlich zu dessen Auftritt fing es richtig an zu schütten, wodurch Teile des Publikums dann bald die Flucht ergriffen. Doch seine zweite Chance ließ nicht lange auf sich warten, denn…

 

Tag 1 – Freitag, der 10.09.2021

Vrimuot eröffnete auch das Programm am ersten eigentlichen Festivaltag. In der wettersicheren Höhle trat der Sänger nicht alleine auf, sondern begleitet von zwei Trommlern. Das Trio legte um Punkt 12 Uhr los und präsentierte auf der spärlich beleuchteten Bühne seine Folk-Balladen. Für die erste Band waren auch schon relativ viele Leute da. Hier bestätigte sich der Eindruck, dass die Zuschauer nach der langen Pandemie-Pause auch die kleineren Bands gerne mitnahmen.

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St. Michael Front

Ruhig und düster ging es auch mit dem melancholischen Pop-Duo St. Michael Front weiter. Gesang und Gitarre waren live, Fanfaren und Trommelschläge kamen vom Band. Nach dem zweiten Lied ging aber erst einmal überhaupt nichts mehr. Trotz hektischer Betriebsamkeit dauerte es quälende Minuten, bis die technischen Probleme behoben waren. Als das Konzert endlich weiterging, gab es dann aber umso größeren Applaus für die sichtlich erleichterten Musiker.

Während es draußen nun richtig heiß war, standen in der angenehm kühlen Höhle die härteren Klänge auf dem Programm. Sun Of The Sleepless kamen gut an und zum ersten Mal war es jetzt auch richtig voll. Die komplexe Metal-Band von Markus Stock (Empyrium) brachte das Publikum in Wallung. Nach „Phoenix Rise“ als letztem Lied hallten nicht nur Jubelschreie durch die Höhle, sondern auch Zugabe-Rufe.

Zu Hekate gab es etwas weniger Andrang, Freunde des atmosphärischen Neofolks kamen aber voll auf ihre Kosten. Die Gruppe zündete Fackeln auf der Bühne an und begann das Konzert mit einem selbst für ihre Verhältnisse sphärischen und ruhigen Lied. Ihre Fans lauschten gespannt, ja fast andächtig. Nach jedem Stück der so leisen Band brandete wie zum Kontrast großer Jubel auf.

Anschließend war es Zeit für Dordeduh, die jedoch nicht mit dem eigenen Programm auftraten, sondern mit Liedern von Negură Bunget. Für die, die es nicht wissen: Cristian und Edmond waren vor der Gründung von Dordeduh bei Negură Bunget aktiv. Dass sie diese alten Zeiten nun wieder aufleben ließen, war ein wirklich seltenes Ereignis. Die Zuschauer wussten es absolut zu schätzen.

Vor der Bühne war es voll und die Menge ließ sich mitreißen. Einzelne Fans waren offenbar sogar aus Dordeduhs rumänischer Heimat angereist und feuerten die Band nun in ihrer Muttersprache an. Ihre Negură-Bunget-Show war mehr als gelungen und hielt den Spannungsbogen bis zum Ende aufrecht. Zum Schluss gab es für die Band wirklich tosenden Applaus.

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Dornenreich

Sehr ruhig wurde es bei Dornenreich, denn die spielten ihr Akustik-Programm. Auf der komplett leeren, nur minimal beleuchteten Bühne gaben die beiden Musiker ein stimmungsvolles Konzert. Dieses beinhaltete neue Lieder, aber zum Beispiel auch Stücke von „Her Von Welken Nächten“. Zum Teil ließen Dornenreich ihre Lieder ineinander übergehen und warteten den Applaus des Publikums gar nicht ab. Der ganze Auftritt hatte dadurch einen organischen Charakter. War doch einmal Raum für Beifall, brandete dieser sofort auf.

Der vorletzte Auftritt des Tages gehörte Arthur Brown. Viele mussten sich erst einmal erkundigen, wer das denn überhaupt war. Es handelte sich um genau jenen Arthur Brown, der 1968 mit „Fire“ einen Welthit landete. Der „God Of Hell Fire“ trat nun im Alter von 79 Jahren auf dem Prophecy Fest auf. Und auch wenn natürlich alle auf „Fire“ warteten, ist Arthur Brown doch mehr als ein One-Hit-Wonder. Dem Publikum, das zu Zeiten seines größten Hits zum überwiegenden Teil noch gar nicht geboren war, lieferte Brown eine ebenso schrille wie kurzweilige Psychedelic-Rock-Show.

Gegen 23:30 Uhr war es dann Zeit für Tages-Headliner Primordial. Die Zuschauer erwarteten die irische Pagan-Metal-Band mit Spannung und bereiteten ihr einen gebührenden Empfang. Obwohl Primordial keine klassische Mitsing-Band sind, taten manche der eingefleischten Fans genau das.

Sänger Alan wies die Menge auf ein besonderes Jubiläum hin: Dieses Jahr gebe es nicht nur 25 Jahre Prophecy Productions zu feiern, sondern auch 30 Jahre Primordial. Auch wenn die Bandmitglieder seiner Meinung nach natürlich noch gar nicht so aussähen. Ihre Jubiläums-Show auf dem Jubiläums-Festival spielten Primordial jedenfalls voller Überzeugung. Die Stimmung war dazu ebenso beachtlich wie der Publikumsandrang.

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Primordial

 

Tag 2 – Samstag, der 11.09.2021

Der zweite Festivaltag hätte eigentlich mit einem Konzert von Fvnerals starten sollen. Diese hatten ihre mit 11 Uhr ohnehin recht früh angesetzte Show aber kurzfristig abgesagt.

Folglich begann das Programm in aller Ruhe um 12:25 Uhr mit Spiritual Front. Die italienische Band mit dem niveauvoll-melancholischen Pop wagte einen Ritt durch viele Stationen ihres Schaffens. Zu alten Liedern wie „I Walk The Dead Line“ und „Jesus Died In Las Vegas“ musste auch den Fans ihrer frühen Tage das Herz aufgehen. Der Publikumsandrang war dabei für die erste Band des Tages wieder mehr als ordentlich.

Der Kontrast zu den nun folgenden Eïs hätte kaum größer sein können. Die Black-Metal-Band befand sich eigentlich seit knapp zwei Jahren in einer Schaffenspause, die ausnahmsweise nichts mit Corona zu tun hatte. Eben diese Pause unterbrachen Eïs nun für das Prophecy Fest, Hits wie „Galeere“ und die schwingenden Köpfe ihrer Fans.

Ihren Auftritt nutzten Eïs auch dazu, in der nun gut gefüllten Höhle das Ende ihrer Pause zu verkünden. Die Nachricht sorgte für großen Beifall bevor mit „Mann aus Stein“ inklusive seinem kompletten Gänsehaut-Intro das letzte Lied der Band aus der Höhle dröhnte.

Minutenlange, ruhige Ambient-Klänge kündigten bald darauf E-L-R an. Das Trio stand in dunkelroter Minimalbeleuchtung auf der Bühne. Mit ihrem sphärischen, sehr flächigen Mix aus Doom Metal, Post Rock und Drone zog die Band das Publikum in ihren Bann. Dass E-L-R erheblichen Anklang fanden, konnte man jedoch erst später ablesen. Die Band spielte nämlich praktisch ihr gesamtes Konzert in einem Stück durch und ließ keinen Raum für Applaus zwischen den Stücken.

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E-L-R

Manch einer mag das als Entkopplung vom Publikum sehen, für E-L-R war das aber offensichtlich ein probates Mittel, die Stimmung aufrecht zu erhalten. Das gelang auch durchaus, wobei die mitunter surrealen Klänge der Band auch stark von der Höhlenakustik profitierten. Nach Ende der Show gab es dann umso lauteren, lang anhaltenden Beifall.

Kaum weniger atmosphärisch, aber in einem völlig anderen Genre ging es mit Klimt 1918 weiter. Aber in welchem Genre genau? Von Post Rock bis Alternative- oder Progressive Rock könnte man so viele Begriffe auf diese Band anwenden und keiner davon wäre falsch. Das Ergebnis ist eine vielseitige, emotionale Rock-Musik mit ganz verschiedenen Stimmungsbildern. In der Balver Höhle kamen die Italiener damit ohne weiteres an und ernteten durchweg gute Publikumsreaktionen.

Richtig voll wurde es bei Dordeduh, die im Gegensatz zum Vortag nun mit ihrem eigenen Programm auftraten. Ein Schwerpunkt der Rumänen lag natürlich auf ihrem neuen Album „Har“ – viele Gelegenheiten, es zu präsentieren, hatten sie schließlich noch nicht. Die stilübergreifende Metal-Band konnte das Publikum mitreißen, die Stimmung war herausragend.

Zu beispielsweise „Descânt“ blickten die Zuschauer gebannt auf die Bühne und ließen sich begeistern. Dordeduh machten ihren Auftritt zu einem der Höhepunkte dieses an Höhepunkten nicht armen Festivals.

Für mich war das Festival nach Dordeduh leider vorüber. Selten schreibe ich etwas über mich selbst, aber ich glaube viele werden meine Situation gut nachvollziehen können. Ich hatte nach den vielen Corona-Absagen schlicht und einfach nicht mehr damit gerechnet, dass das Prophecy Fest stattfindet. Daher war ich um diese Zeit längst anderweitig verplant.

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Dordeduh

Um trotz vollem Terminkalender überhaupt noch auf das Festival zu können, musste ich leider den Schlussteil kürzen und konnte nicht bis Sonntag bleiben. Mir entgingen Dool, Deine Lakaien und Empyrium. Nach vielen Monaten wieder auf so ein Festival gehen zu können, war die lange Fahrt ins Sauerland trotzdem wert. Wahrscheinlich war ich längst nicht der Einzige, der vom Stattfinden dieses Festivals überrascht worden ist.

 

Wie lautet nun aber das Fazit zum Prophecy Fest 2021? Es hätte kaum besser laufen können. Prophecy Productions haben sich hier eine mehr als würdige Jubiläumsfeier auf die Beine gestellt. Das Lineup steht dabei außer Frage, bot es doch eine ganze Reihe an Hochkarätern und auch manche Band, die man selten sieht.

Das gesamte Festival stand dabei unter den Vorzeichen der wohl zu Ende gehenden, aber immer noch köchelnden Corona-Pandemie. Einfach nur grandios ist, dass es wirklich in dieser Form stattfinden konnte – und das mit Konzertgästen aus 19 Ländern! Dieser Umstand trug auch zur Atmosphäre des Festivals bei. Schließlich trafen hier Fans, die lange keine Musik erleben konnten, auf Bands, die lange nicht spielen konnten.

Das alles zusammen machte das Prophecy Fest 2021 zu einer ganz besonderen Veranstaltung, an die man sich gerne zurückerinnern wird.

 

Bericht: Stefan Frühauf, Stefan(at)dark-festivals.de

 

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