Wenn 25.000 Besucher auf ein Flughafengelände in Hildesheim strömen und dieses ein Wochenende lang in das Club- und Wohnzimmer der Schwarzen Szene verwandeln, dann ist M’era Luna Festival!
Dieses Jahr war es am Wochenende des 12. und 13. August soweit. Passend zur Anreise des schwarzen Gevölks lichteten sich die Wolken und bei etwa 26 Grad und strahlendem Sonnenschein standen die Zeichen auf zwei fulminante Festivaltage. Ob die auch so kamen? Das erfahrt ihr in diesem Bericht!
Fotolinks: Teil 1 (Samstag) / Teil 2 (Sonntag)
Wie jedes Jahr gab es hier und da wieder eine Änderung zur Anreise, so wurde dieses Mal vor 7 Uhr morgens niemand in die Nähe der Parkplätze gelassen. Sämtliche Parkflächen rund um das Festivalgelände wurden dadurch, gewollt oder ungewollt, belagert und es wurde fieberhaft auf die Öffnung des Festival-Parkplatzes gewartet.
Pünktlich um 7 Uhr wurde der Parkplatz geöffnet und danach hieß es warten auf das Öffnen der Bändchenausgabe. Nahezu pünktlich (und sechs Minuten zählen laut der Deutschen Bahn noch nicht als Verspätung) hielten die Ersten endlich ihr Bändchen in Händen und damit startete der Run auf den Zeltplatz.
Leider wurde dieser wie jedes Jahr zugunsten von Gothic Garden und dem Wohnmobilparkplatz wieder verkleinert. Wer später anreiste musste teilweise in die Röhre schauen, bereits um 14 Uhr waren fast alle Plätze belegt. Wer Glück hatte oder nur ein kleines Zelt, konnte sich in Lücken quetschen oder an größere Camps anschließen. Insgesamt war diese Situation aber eher unglücklich.
Freitag Nachmittag ab 15 Uhr konnte dann auf dem Mittelaltermarkt entspannt und geschmaust werden, abends wurde das Festival von vielen Zeltplatz-Partys wie auch dem Disco Hangar mit massiven Bass eröffnet. Auch die Shopping Area, außerhalb des Infields und neben der Clubstage gelegen, war bereits geöffnet und zog einige Shoppingfreudige an. Die Gothic Fashion Town mit ihrem speziellen Angebot war allerdings erst am Samstag mit Öffnung des Infields zugänglich.
Samstag, 12.08.2023
Samstag mischte sich der Sonnenschein mit diversen Wolken, während Antiage (Sieger Newcomer 1) mit Synthrock die Mainstage eröffneten. Im Gegensatz zu den letzten Jahren wurden dieses Jahr Beim Newcomer-Wettbewert zwei Sieger gekürt, die an den zwei Festivaltagen die Konzerte auf der Mainstage einläuten durften.
Kurz danach ging es auch auf der Clubstage los, Intent:Outtake gaben mit ihren Dark Electro den Fans tanzbare Beats auf die Ohren. Für Fotografen vor allem zeigten sich hier gefühlte Anpassungen des Timetables. Man konnte fast schon bequem (nicht rennend) zwischen den beiden Bühnen wechseln und so fast alle Bands mitnehmen.
Insgesamt war die Main Stage morgens in fester Hand von eher rocklastigen Bands. Versus Goliath lieferten mit ihrer Mix aus Rock/Metal und Rap musikalisch aber eher eine ungewöhnliche Mischung für dieses Festival. Mit klassischem Post-Punk/Dark Wave von A Projection blieb es vorerst elektronisch auf der Clubstage.
Rave the Requiem aus Schweden heizten mit ihrem melodischen Modern Metal derweil auf der Mainstage ordentlich ein. Sie waren bereits 2022 zu Gast auf dem M’era Luna gewesen. Damals hatten sie leider mit massiven technischen Probleme zu kämpfen, daher gab es dieses Jahr noch eine Chance für ein volles Set. Der kurze Auftritt 2022 machte scheinbar Lust auf mehr und sie wurden auch jetzt wieder von einigen Fans erwartet.
Gitarrenlastiger wurde es mittlerweile auch auf der Clubstage weiter, hier konnte man mit den Goth Rockern von Wisborg weiter feiern. Das Duo um Konstantin Michaely und Nikolas Eckstein hatte sich für den Gig Live-Unterstützung geholt und so machte es richtig Spaß das Quartett zu erleben.
Tanzwut drehten mit Mittelalter-Rock in gewohnter Manier auf der Mainstage auf, was die Fans mit entsprechender Begeisterung quittierten. Bei Songs wie „Herrenlos und Frei“ oder „Bis zum Meer“ wurde im bereits gut gefüllten Infield mitgesungen und die Arme geschwenkt. Auf der Clubstage blieb es mit Absolute Body Control tanzbar bei elektronischen Beats.
Danach wurde es mit Megaherz etwas härter auf der Mainstage. Die Band startete stilecht mit „Vorhang auf“ und Sänger Alexander Wohnhaas begann die Menge mit seinem Baseballschläger-Mikrofonhalter zu dirigieren. Mit „Engelsgesicht“ wurde nicht nur ein Song aus dem neuen Album der Band gespielt („In Teufels Namen“, Releasedatum passend zum M’era Luna: 11.08.2023), sondern es gab auch gleich die Ankündigung zur neuen Tour mit Combichrist.
Für die Fotografen war eigentlich danach die Towerbesichtigung geplant, weshalb sich alle im Pressezelt versammelten. Doch der für den Tag heftigste Regenschauer machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Glück im Unglück: so blieben die meisten und vor allem ihre Ausrüstung trocken. Der vorher deutlich auffrischende Wind ließ so manchen Gast allerdings in Richtung Zeltplatz eilen, um das Camp zu sichern.
Insgesamt war das Wetter an diesem Tag so wechselhaft wie die letzten Tage auf Wacken. So mischten sich zwar kurze, aber vereinzelt auch heftige Schauer in den vorherrschenden Sonnenschein. Dieser hatte bereits am Vortag für ordentlich Sonnenbrand beim Aufbau der Camps bei verschiedenen Besuchern gesorgt.
Nach diesem kräftigen Regenschauer dröhnten Rabia Sorda bereits wieder von der Clubstage und bis auf kleinere matschige Ecken schien alles wie zuvor. Zwar kommen Rabia Sorda als kleinerer Bruder von Hocico gefühlt etwas weniger aggressiv daher. Dennoch spricht sicher niemand Sänger Erk Aicrag ab, dass er die Bühne mit derselben Energie beherrscht wie bei seiner Hauptband. Die Menge feierte den Auftritt der Mexikaner jedenfalls ziemlich. Besonders die Live-Drummerin machte Spaß, vor allem in Zusammenspiel mit den anderen Bandmitgliedern.
Auf der Mainstage hatten sich mittlerweile Diary of Dreams bereit gemacht. Brachiale Gitarren, Mitsingballaden und die Stimme von Adrian Hates sind seit jeher das Erfolgsrezept der Band. Mit „Viva la Bestia“ eröffneten sie ihr Set mit einem Song aus dem Anfang 2023 veröffentlichten Album „Melancholin“, heißgeliebte Klassiker wie „Traumtänzer“ ergänzten den Auftritt sehr zur Freude der Fans.
Mit Girls under Glass wurde es auf der Clubstage etwas gediegener, allerdings legten die Hamburger mit ihrer riesigen Seifenblasenmaschine sicherlich einen der verspieltesten Auftritte bei diesem Festival hin.
Kurze Zeit später gab es auf der Mainstage einen gut gelaunten, wenn auch etwas gehetzt wirkenden Joachim Witt zu feiern. Dies schien allerdings hauptsächlich an den Umbaupausen seiner Bandkollegen zu liegen.
Musikalisch begeisterte der 1949er die Menge, stimmgewaltig wie eh und je, sei es bei “Treibjagd”, “Herr der Berge” oder “Dämon”. Natürlich durfte auch “Die Flut” nicht fehlen, diesmal wieder als Duett mit Peter Heppner, der am Sonntag seinen Auftritt hatte.
Während es sich zu Project Pitchfork am Himmel wieder zuzog, eröffnete die Band gut gelaunt mit „Souls“. Durch das Konzert mit Songs wie „Acid Ocean“ bekam man als Zuschauer leicht den Eindruck, die Stimme von Sänger Peter Spilles wäre noch kratziger beziehungsweise dunkler als gewöhnlich. Ein bisschen riskant war dann auch die Ansage zu „Rain“: „Bei dem Song müsst ihr laut sein, sonst zieht er den Regen an“.
Welcher Maßstab hier galt, ist unklar, aber die Menge war wohl nicht laut genug, denn der Himmel öffnete passend zum Song seine Schleusen erneut. Man ließ sich jedoch die Laune nicht vermiesen und so wurden fröhliche Regenschirm-Tanzkringel gebildet.
Der Auftritt von In Extremo blieb glücklicherweise wieder trocken und so konnte die energiegeladene Show ohne Einschränkung genossen werden. Die Pyro war es wert und hat der wartenden und vielleicht noch leicht nassen Menge ordentlich eingeheizt.
Das Set lässt sich fast schon als Best Of bezeichnen und beinhaltete von „Liam“, über „Vollmond“, „Küss mich“ und “Sternhagelvoll” viele großartige Songs der letzten Jahr(zehnt)e.
Parallel dazu waren mit Solar Fake und Mesh zwei Synthpop-Schwergewichte auf der Clubstage an den Start gegangen. Wie bereits zuvor setzte zwischen den wechselnden Sets auf der Main- und Clubstage auch hier ein Strom an Besuchern ein, die anstatt vor einer Stage zu warten einfach bei der jeweils anderen vorbeischauten.
Hauptakt auf der Mainstage war am Samstag VV, welches nichts anderes als das Soloprojekt des ehemaligen Him-Sängers Ville Valo darstellte. Die Ankündigung war im Vorfeld bei vielen kritisch gesehen worden, immerhin gab es noch nicht viele Veröffentlichungen oder Auftritte in dieser Form. Sein Set beinhaltete zur Hälfte alte Him-Songs, was viele Fans erfreut hat. Allerdings dürfte das Aussehen und Agieren des Sängers auch einiges an Diskussionsstoff geliefert haben.
Sonntag, 13.08.2023
Der Sonntag wurde seinem Namen gerecht: Sonne, Sonne, Sonne. Durch den vorangegangenen Regen gab es bereits am Tag zuvor ein schwül-warmes Klima, eine echte Herausforderung für so manches Make-up. Dragol und Blitz Union eröffneten den Tag. Dragol waren der zweite Gewinner des Newcomer Wettbewerbs, allerdings standen sie bei ihrem Konzert auf der Main Stage zuerst sehr weit hinten und auch eher statisch. Dies war zwar etwas schade für das Gesamtbild, tat ihnen soundtechnisch aber keinen Abbruch.
Blitz Union im Gegensatz fegten mit einer Energie über die Clubstage, die die frühe Uhrzeit Lügen strafte. Auf der anderen Seite schienen die Techniker der Stage noch etwas verschlafen (oder hatten andere Probleme), und so wechselte das Videobanner im Hintergrund immer wieder von Blitz Union auf Manntra.
Auf der Main Stage legten Heldmaschine mit einem kurzen, knackigen Set nach. Sehr stark und engagiert zeigte sich ihr Fanclub. Schilder, farblich abgestimmte Luftballons und zuletzt noch ein riesiges Banner, das während des Auftritts entrollt wurde, dürften die Musiker beeindruckt und mehr als erfreut haben.
Feurig untermalt wurde der Auftritt von Manntra auf der Clubstage. Die kroatische Folk-Rock- beziehungsweise Folk-Metal-Band griff mächtig in die Saiten und Frontmann Marko Sekul ließ sich auch zu ein, zwei Jokes während der Ansagen hinreißen. Mit im Gepäck gabs für die Fans Songs wie „Ori Ori“, „Königsmord“ oder „Morana“, Mitsingen war also vorprogrammiert.
Zu den elektrischen Klängen von Eisfabrik ließ es sich gut tanzen, doch fragte man sich auch, ob es dem Yeti auf der Bühne nicht ein bisschen zu warm war. Nicht nur dem Yeti, auch der restlichen Band könnte in ihren „Schneeoutfits“ recht heiß geworden sein. So hoffte man, dass sie vielleicht clever eingebaute Ventilatoren oder ähnliches zur Verfügung haben.
Doch auch dem Publikum brannte die Sonne auf den Kopf, und so freuten sich viele, dass neben den obligatorischen Bierverkäufern auch Mitarbeiter mit Eis die Runde machten (dieses war aber leider vergleichsweise teuer).
Wie groß darf die Bühnendeko sein? JA! Die Antwort von Gothminister zum riesigen Skelett auf der Mainstage, welches wohl seinen eigenen Transporter benötigte. Schon fast goth-kitschig mutete der Rest der Deko an, als wäre sie einem Vampirfilm entsprungen, andererseits macht dies auch ein bisschen den Charme der Band aus.
Mit Songs wie “Demons”, “I am the devil” und “Liar” dürften die Fans jedoch nicht nur optisch glücklich mit ihrem Auftritt gewesen sein.
Währenddessen galt für die Fotografen: Intervalltraining. Von der Main zur Club und wieder zurück. So wurde gerade noch die Zebraboys von She Hates Emotions auf der Club geknipst, da ging es inklusive ein, zwei Publikumsbildern direkt zurück zur Main Stage.
Dort angekommen versprach man sich eine Pause danach und freute man sich auf Holly Loose und seine Truppe von Letzte Instanz. Diese erzeugten mit “Ehrenwort”, “Entzündet die Feuer” und “Wir sind eins” ein wahres Gemeinschaftsgefühl für die versammelten Fans. Damit es nicht zu rührselig wurde, gab es noch den Biersong ohne das Wort Bier “Disco D’Amour” und ein Medley aus verschiedenen von Geigen, Cello und Schlagzeug getriebenen Songs obendrauf.
Nach einem kleinen Spaziergang auf der Shoppingmeile und einem kühlen Drink von der Bar für unsere Schreiberin Alathaia gab es harte Gitarrenriffs und ein mega Gitarrensolo von The 69 Eyes zum Beispiel zu “Gothic Girl” und “Lost Boys”.
Zuvor hatte sich Fotografin Natalie noch das Electro-Pop Duo Frozen Plasma auf der Club Stage gegönnt. Sänger Felix Marc und Vasi Vallis an den Keys gaben sich die Ehre und starteten mit “Warmongers” in ihr Set. Stilecht zum M’era Luna konnte man bei Sänger Felix schwarzen Nagellack erkennen, wenn er zumindest mal für zwei Sekunden während seiner Gesangseinlagen stillstand. Verzichten auf die Leuchtschuhe wollte er dann aber doch nicht.
Insgesamt ruhiger waren die Auftritte von Peter Heppner und Ashbury Heights, auch wenn letztere zumindest optisch eine gute Figur machten. Stimmlich konnte Heppner wenig beeindrucken und blieb auch bei dem Duett mit Witt hinten dran.
Danach ging es für unsere Fotografin endlich auf den Tower, ein Blick von oben auf dieses wunderbare Festival lohnt sich halt immer. Leider hatte dies zur Folge, dass nur die Schreiberin Agonoize auf der Club Stage genießen konnte. Wer Agonoize kennt, wusste zudem, was ihn in der ersten Reihe erwartet: die (Kunst-)Blutshow blieb nicht aus. Weiter hinten in der Menge blieb kein Bein still und es wurde getanzt was die Schuhsohlen hergaben.
Subway to Sally ließen sich nicht lumpen und gaben bereits vor ihrem Konzert auf der Mainstage eine kleine Einlage am M’era Teich zum besten, hautnah für ihre Fans. Auf der Main Stage ging es dann von Pyrotechnik unterstützt los, die Show heizte nicht nur Musikern und Fotografen mächtig ein.
Auch hier gab es ein Set für die Fans, das massiv zum Mitsingen und Tanzen aufforderte und viele altbekannte Klassiker wie “Veitstanz” (der Songname wurde während der Ansage geschickt umschifft), “Kleid aus Rosen” oder “Eisblumen” enthielt.
Mono Inc. legten im Anschluss auf der Main Stage los und beeindruckten mit massigem Bühnenaufbau auf zwei Ebenen und mechanischen Flügeln für Drummerin Katha Mia. Leider war der Auftritt immer wieder von einzelnen kurzen Tonaussetzern unterbrochen, die mit der Zeit doch etwas nervig wurden.
Währenddessen hatte mit De/Vision der Synthpop die Clubstage fest in der Hand und man machte sich für die Zielgerade des Festivals bereit.
Den letzten und optisch zugleich größten Auftritt auf der Clubstage zelebrierten Hocico mit einer fulminanten, energiegeladenen Show zu ihrem Aggrotech-Sound. Neben dem aztekischen Ritual zur Konzerteröffnung bis hin zu den Akrobatikeinlagen gab es bei der Band um Erk und Racso stets was für die Augen.
Kein Wunder, schließlich feiern Hocico dieses Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. Auch hier hieß die Ansage: “Abtanzen!”. Das Publikum kam dem nur zu gern nach, was bei Songs wie “No One Gets Out Alive”, “Bite Me” oder “Poltergeist” nicht schwer fiel.
Auf der Main Stage ging es mit dem Sonntags-Headliner Within Temptation auf die Zielgerade. Ein massiver Bühnenaufbau und kräftige Gitarren beeindruckten dabei genauso wie Frontsängerin Sharon den Adel. Das Set war auch hier gespickt im Songs aus dem letzten Album „Resist“ (2019) wie “The Reckoning” oder “Raise your Banners” aber auch deutlich älteren Titeln wie “Angels”.
Zum Abschluss gab es für die Fans noch “Mother Earth”, ein gelungener musikalischer Abschied für das diesjährige M’era Luna.
Ambiente / Drumherum
Schnell gehen zwei Tage voller Programm und Bands vorüber. Von Synthpop über Rock bis zu Electro und Mittelalter war wieder für jeden Geschmack etwas dabei.
Wer nachts nicht in den Disco-Hangar zum Feiern ging, wurde auf dem Zeltplatz fündig. Von einer Party vor den Spülklos (hier wurde der freie Stromanschluss genutzt), der Cantina-Band in Dauerschleife, dem alljährlichen Müll-Trommelkreis wie auch einer mobilen Disco war alles da.
Entlang der Landebahn herrschten verschiedene Musikrichtungen, hier war für alle etwas dabei. Zumeist wurde sich auch an die vorgegebene Ruhezeit ab 2 Uhr nachts gehalten, jedoch nicht immer. Allerdings machen gerade diese spontanen Parties auch einen Teil des besonderen Charmes des M’era Luna aus.
Wie individuell der Musikgeschmack ist und wie oft einfach die Nachbarn getrollt werden sollten, zeigte sich anhand einzelner Fälle. Sei es der wiederholt um 9 Uhr abgespielte Morgengruß mit Nana Mouskourris “Guten Morgen Sonnenschein”, der mit Gestöhne aus den Nachbarcamps quittiert wurde, oder altbekannte Seriensoundtracks. In einem speziellen Fall endete der Streit der Musikrichtungen in einer Sachbeschädigung und sorgte für einen Polizeieinsatz.
Im Allgemeinen war das Publikum jedoch ruhig wie jedes Jahr und so war die gefühlt größte Herausforderung für die Polizei vor Ort, das entflohene Kaninchen, das sich auf das Festivalgelände verirrt hatte, einzufangen. Sehr unschön allerdings war der sich abzeichnende Betrugsfall im Vorfeld beziehungsweise bei Ankunft der Gäste. Laut NDR gab es durch von Betrügern auf Rechnung gekaufte und dann weiterverkaufte Tickets 50 geprellte Gäste ohne reguläre Eintrittskarte.
Neben dem großen Angebot an Konzerten konnte dieses Jahr auch wieder die Gothic-Modenshow mit großartigen Outfits bestaunt werden. Vorher konnten das Makeup und das eigene Outfit im Stylingzelt aufgefrischt werden. Des weiteren gab es Lesungen unter anderem von Lydia Bennecke, Vorträge zum Thema Astrofotografie und den Crypt Talk mit Chris Harms und Stephan Thanscheidt.
Das Angebot an Essen war zwar wie immer etwas (festival-)teuer, doch ausgewogen, teilweise interessant und geschmacklich gut. Die Getränkepreise hielten sich die Waage und waren an die anderen Sommerfestivals angelehnt.
Der Zustand der sanitären Anlagen war etwas besser als in den Jahren zuvor, doch fehlte es häufig an Seife. Dieses Problem wurde von vielen Besuchern jedoch kurzerhand selbst gelöst und man fand an den Spültoiletten kleinere Seifenspender. Trinkwasserstationen waren vor allem am Sonntag bei den Besuchern gern gesehen, was aber die Politik der erlaubten Becher und Taschen anging, so herrschte hier trotz Vorankündigung bei vielen Verwirrung (inklusive Teilen der Security).
Einer der Kleidungstrends 2023 war auf jeden Fall für Frauen ein Netzshirt und abgeklebte Nippel – so viele Ladies, die so frei unterwegs gewesen waren, gab es 2022 noch nicht. Das Wetter war auf jeden Fall passend dafür. Was das Publikum generell anging, fiel auf wie viel farblich diverser die Besucher dieses Jahr unterwegs waren. Es gab regenbogenfarbene Haare deutlich buntere Outfits. Fast schon komödiantisch wirkte „Sebastian“ in seinem Jägermeister-Arielle-Outfit, um ein Beispiel zu nennen. Davon mag man persönlich halten was man will, allerdings fiel es augenscheinlich einigen Besuchern eher negativ auf.
Fazit
Vorweg, das M’era Luna war insgesamt gesehen wieder ein großartiges Erlebnis. Wir haben tolle Leute getroffen (Besucher, Mitarbeiter der Presseteams und so weiter), super Konzerte gesehen und das Ambiente war klasse. Positiv zu erwähnen sind auch die Pfand- und Müllsammelaktionen zu Spendenzwecken. Nichtsdestotrotz sind einzelne negative Punkte dieses Jahr stärker aufgefallen als 2022.
Das Zeltplatz-Chaos scheint sich erneut gesteigert zu haben, die scheinbar jährliche Erweiterung des Wohnmobilplatzes führt zu mehr Gedränge unter den Zeltenden. Für später kommende (und das betrifft bereits Leute, die Nachmittags ankommen) bedeutet dies eine langwierige Suche nach den gerade noch vorhandenen kleinen Lücken.
Wer im Gothic Garden eine Unterkunft bucht, muss sich auf saftige Preise gefasst machen (aktuell ab 350 € p.P. bei 2-Personen Unterkunft, Beispiel Daphnis), allerdings fehlt hier noch das Festivalticket. Dies stellt quasi einen Ersatz für die wenigen Hotels vor Ort dar. Allerdings kann man auch ohne Zelt im Gothic Garden campen für 149 € p.P., zudem kommt dann noch das Festivalticket. Dies scheint dann doch etwas überzogen, wenn man dies mit dem Wohnmobilplatz für 75 € vergleicht. Insgesamt sollte man die Preise und die Entwicklung der Plätze kritisch sehen. Leider scheint sich diese Preispolitik bei vielen Festivals immer mehr durchzusetzen.
Entgegen dem letzten Jahr sind uns keine negativen Vorfälle im Bereich der Damenduschen zu Ohren gekommen. Das ist positiv und generell sind uns auch fast überall freundliche Mitarbeiter begegnet.
Die Regelungen über erlaubte Becher und Taschen scheinen oftmals unterschiedlich durchgesetzt zu werden und ändern sich scheinbar auch von Jahr zu Jahr. Dies führt bei vielen Besuchern zu Unverständnis und Verwirrung. Vielleicht sollte man diese Regeln vor der Schleuse deutlich besser sichtbar machen.
Für die Fotografen war dieses Jahr die Größe des Grabens der größte Knackpunkt. Jeder freut sich, wenn er die Chance bekommt, in den Graben vor den Bühnen zu dürfen. Viele von uns sind erfahren und gehen entsprechend mit der Situation um. Nur kleine Taschen, keine Rucksäcke und so weiter, sich vorsichtig an den anderen und ihrer Ausrüstung vorbeibewegen – all das ist den meisten bekannt. Entsprechend weisen wir auch Kollegen darauf hin, damit wir alle besser arbeiten können. Jeder, der die Fotografen auf dem M’era Luna erlebt weiß, wie sehr wir uns jedes Jahr auf die Kollegen freuen.
Allerdings sprengte unsere Zahl den Graben dieses Jahr bei Weitem. Wie bei Takeshi’s Castle wurde über- und aneinander vorbei gekrabbelt und die Arbeit der Securities wurde durch die Fülle an Fotografen auch sichtbar beeinträchtigt. Zum Glück gibt es auf dem M’era Luna keine Crowdsurfer, diese aufzufangen wäre schlicht unmöglich gewesen. Ein Meter mehr hätte hier einen großen Unterschied gemacht. Das neue Pressezelt inklusive neuem Standort hingegen ist mehr als positiv zu bewerten. Danke dafür!
Ein Bericht von Alathaia van Bat und Natalie Laube
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