20 Jahre M’era Luna – 2019 feierte eines der weltweit größten Festivals der Schwarzen Szene Geburtstag und lud zum fulminanten Familientreffen der besonderen Art. Am 10. und 11. August war es soweit. Mit 40 Bands auf zwei Bühnen, aufwändigem Rahmenprogramm, dem großen Shoppingangebot und Mittelaltermarkt hatten die Veranstalter allerlei für die Besucher aufgefahren, die auch in Scharen kamen.
Bereits das siebte Jahr in Folge was das M’era Luna ausverkauft und so wurde der Flughafen Drispenstedt in Hildesheim wieder von den Schwarzen Massen geflutet. Wie unser Eindruck vom Festival war, könnt ihr in diesem Bericht lesen.
Fotolinks: Teil 1 (Samstag) / Teil 2 (Sonntag)
Freitag – Auftakt
Freitagvormittag um kurz nach 11 Uhr öffneten sich die Schleusen des Flughafens und die ersten Besucher rannten fast auf das Gelände um sich den besten Zeltplatz zu sichern. Die Vorfreude war groß und als die Pavillons und Zelte Gestalt annahmen, begann auch an vielen Ecken die erste Musik aus (Bluetooth)Lautsprechern zu branden. Das gute Wetter tat sein übriges um den Aufbau zügig zu gestalten, verursachte aber auch schnell den ersten Sonnenbrand bei vielen der Anreisenden.
Um 15:30 Uhr öffneten dann auch der Mittelaltermarkt und die Shoppingmeile ihre Pforten und versorgten die Besucher mit Speis, Trank und allerlei Goodies. Sei es neues für den Kleiderschrank, eine Ergänzung der Schmucksammlung oder neue Deko für das dunkle Heim – hier konnte jeder nach Lust staunen und stöbern.
Abends ging es dann mit Lesungen unter anderem von Markus Heitz und Christian von Aster los. Im Disko-Hangar begeisterten DJs dann noch das bewegungshungrige Volk mit stampfenden Beats und Klassikern.
Tag 1 – Samstag, der 10. August 2019
Am Samstagmorgen ging es dann bei strahlendem Sonnenschein auf den zwei Bühnen des Infields los. Um 11 Uhr eröffnete traditionell der Gewinner des Newcomer-Wettbewerbs das Festival, dieses Jahr waren es die Alternativ-Metaller von Null Positiv. Mit „Koma“ preschte das Quartett um Frontfrau Elli Berlin los, die problemlos zwischen gutturalem und klassischem Gesang wechselte und dabei ihre hüftlangen Dreads kreisen ließ. Eine Energie, die auch leicht verschlafene Besucher endgültig wach machte.
Kurz darauf starteten Empathy Test als erste Band auf der Hangar Stage. Die Hauptbühne eroberte zeitweise Martin Soer für sich, der gleich mit zwei Bands, Sündenklang und Stahlmann, antrat. Ob die Besucher allerdings den Elektro-Pop von Sündenklang oder die Neue Deutsche Härte von Stahlmann bevorzugten, musste jeder für sich entscheiden. Besonders interessant zeigten sich Stahlmann, die mit Steampunk/Industrial-Masken ihren Auftritt begannen und ein Set mit gut eingespielten Songs für die Fans im Gepäck hatten.
Im Hangar gab es derweil feinste elektronische Beats von Terrolokaust und Centhron auf die Ohren. War es bei Terrolokaust noch etwas verhalten in der Menge, konnte man spätestens bei Centhron davon nichts mehr merken – mitsingen und Beine stampfen inklusive.
Das Ziel der Band, die dann auf der Hauptbühne loslegte, lässt sich vielleicht als Schock-Begeisterung beschreiben. Mit einem Mix aus dunklen Texten, leicht anzüglichen Ansagen, dem kreischroten Lippenstift von Sänger Whiplasher Bernadotte und ihrem opulenten Mix aus Death- und Glam Metal waren die Deathstars aus Schweden auf dem M’era Luna Festival jedenfalls goldrichtig.
Danach änderte sich die Gangart und mit Corvus Corax betrat die erste Mittelalter-Band des Festivals die Bühne. Obwohl die Band mit ihren fast 30 Jahren als dienstälteste Mittelalter-Kombo in Deutschland gilt, wollte bei ihrem Auftritt der Funke nicht so recht überspringen.
Ganz im Gegensatz zu Oomph!, die im Anschluss loslegten und mit „TRRR – FCKN – HTLR“ den Fans ein richtiges Brett um die Ohren schmetterten. Die ausschweifende Energie der Band und Frontmann Dero, der auf der Bühne als reinster Wirbelwind umhersprang, übertrug sich auch auf das Publikum. Dieses blieb spätestens bei Klassikern wie „Gott ist ein Popstar“, „Labyrinth“ oder „Gekreuzigt“ nicht mehr ruhig und sang begeistert mit.
Elektronischer ging es im Hangar bei Agonoize zu. Geboten wurden harte Beats, die zum Tanzen aufforderten. Gespannt warteten die Fans auf die Blutfontänen, die Frontsänger Chris L. traditionell bei den Auftritten der Band an passenden Stellen loslässt. Beispiel: Beim zweiten Song schlitzte er sich (natürlich nur symbolisch) die Pulsadern mit Wolverine-Klingen auf. Während das Publikum sich freute, wichen die Fotografen ruckartig zurück.
Stetig ruhiger wurde es dann auf der Hauptbühne. Mono Inc. ließen dort ihr Melodien erklingen und das Publikum sang fleißig ihre Texte mit. Insbesondere bei der heimlichen Hymne der Schwarzen Szene, „Children of the Dark“, blieben nur noch wenige still. Noch einen Gang runter schalteten manche Fans dann beim Auftritt von Lacrimosa. Manche der Fans genossen saßen im Gras und genossen in der abendlichen Sonne den Auftritt von Tilo Wolff und Anne Normi gar mit geschlossenen Augen.
Als die Sonne unterging, hisste dann die niederländische Symphonic-Metal-Band Within Temptation ihre Flagge zu „Raise your Banner“. Harte Riffs begleiteten Sharon den Adels Gesang. Während der ersten Lieder präsentierte die Band vor allem imposante Songs aus ihrem letzten Album „Resist“. Leicht politisch angehaucht lobte die Sängerin die Diversität des Festivals und das M’era Luna insgesamt und unterstrich dies mit „Stand my ground“. Zum Abschluss erklang dann „Mother Earth“ unterstrichen von Feuer und Licht und ließ die Fans begeistert jubelnd zurück.
Weniger Headbangen, dafür mehr Tanzbewegungen konnte man im Hangar beobachten, der wieder einmal wegen Überfüllung geschlossen wurde. Zum Glück konnten die vor der Halle wartenden Fans zumindest über die in den letzten Jahren installierte Großbildleinwand das Geschehen in der Halle verfolgen. Als Hauptact des Hangars waren Die Krupps unter anderem mit „High Tech/Low Life“ zugegen. Trotz der prall gefüllten Halle ließen es sich die Fans nicht nehmen, zu Songs wie „Germaniac“, „Der Amboss“ und „Nazis auf Speed“ richtig abzutanzen. So kam der Auftritt der Band einer riesigen Elektro-Party gleich, bei der so mancher erschöpft und fußlahm aber glücklich zurückbleib.
Last but not least gaben sich die Meister von ASP die Ehre. Opulent begannen sie mit Feuer und Pyrokreiseln ihr Show während das Publikum begann sich einzusingen. Spätestens beim zweiten Song „Schwarzes Blut“ wurde dann auf ganzer Linie mitgesungen. „Ihr Schönen Menschen“ rief Frontmann Alexander Spreng immer wieder in die versammelte Menge und kündigte sehr zur Freude der Fans ein neues Album für Ende November an.
Dieses werde die Tour nächstes Jahr einleiten und mit dem gleichnamigen Song „Kosmonautilus“ gaben ASP auch eine erste Kostprobe. Scherzhaft kündigt er „Kokon“ an und verwies auf den letzten Auftritt auf dem M’era Luna 2017 als während des kräftigen Regens die gesamte Hauptbühne plötzlich ohne Strom dastand. Insgesamt war das Konzert eine gelungene Zusammenstellung aus schönen Hymnen wie „Astoria verfallen“ und „Werben“ und Klassikern wie „Denn ich bin dein Meister“ und „Ich bin ein wahrer Satan“. Dazu gab es eine ordentliche Portion Feuer und mit „Ich will brennen“ verabschiedeten sich die Gothic-Rocker schließlich in die Nacht.
Tag 2 – Sonntag, der 11. August 2019
Der Sonntag begann ähnlich wie der Tag davor metallastig, dieses Mal mit Melodic-Death von Fear of Domination aus Finnland. Deutlich sanftere Töne schlugen im Anschluss Scarlet Dorn mit ihrem Dark Pop an. Ebenfalls ruhiger blieb es beim Rock/Pop Mix von Faelder, die sich textlich sehr in Richtung ihrer Ursprungsbands bewegen, stammen doch die Mitglieder von Unheilig und In Extremo. Andererseits erinnerte die Gruppe auch an einen weiteren großen Künstler, Witt, der ebenfalls im Laufe des Tages noch die Main Stage betreten sollte.
Im Hangar indes war bei Formalin an Ruhe nicht zu denken. Die Industrial-Kombo legte direkt los und schien kaum still stehen zu können. Stark und mit Roboterhelmen startete danach die Neue-Deutsche-Härte-Band Heldmaschine. Der Hangar war mittlerweile sehr gut gefüllt und die Menge hatte sichtlich Spaß an den Koblenzern. Bei „R“ dröhnte der gesamte Hangar und nach Aufforderung von Sänger René Anlauff konnte man ein Meer aus schwenkenden Armen bis zu den Toren am anderen Ende sehen.
Unter federleichten Wolken machten sich auf der Main Stage mittags Versengold bereit. Teile des Fanclubs hatten sich strategisch gut in der ersten Reihe positioniert. Als die ersten Töne von „Niemals Sang- und Klanglos“ erklangen, sah man einen großen Teil des Infield bereits singen und tanzen. Gute Laune war bei den Bremern garantiert, wobei sich Band und Publikum gegenseitig ansteckten. Beim „Thekenmädchen“ wurde dann enthusiastisch der Zeigefinger geschüttelt und obwohl das neue Album erst knapp anderthalb Monate alt ist, bewies das Publikum bei diesem Song Textsicherheit.
Weiter ging es mit Dark Wave/Rock von Diary of Dreams. Bestückt mit der kürzesten Gitarre des Festivals und seiner düsteren, rauen Stimme brachte Sänger Adrian Hates Songs wie „Epicon“ und „Traumtänzer“ den versammelten Fans dar. Die choralen Elemente und markante Elektro- und Gitarrenparts machten dabei den Gig von Diary of Dreams zu einem sehr intensiven Erlebnis.
Zu der nachfolgenden Band lässt sich vieles sagen, aber vor allem sind sie eines – ein Partyensemble mit durchgeknallten Drummern. Seit einiger Zeit treten sie nun mit doppelter Drumpower auf. Die Rede ist natürlich von Combichrist. Die zwei Drummer sind auch dringend nötig, klettert doch mindestens einer von beiden ständig auf seinem Set herum. Ansonsten kamen sie mit brutaler Power daher, die das Publikum bereits mit dem Eröffnungssong „Hate like me“ packte. Die Fans feierten den Auftritt der Elektro-Industrial-Band massivst und gingen zur Musik ab.
Der Unterschied zwischen Combichrist und dem nächsten Künstler war mit Sicherheit der größte Gegensatz, den zwei aufeinanderfolgende Bands auf dem diesjährigen M’era Luna Festival zu bieten hatten. Auf Combichrist folgte nämlich „Herbergsvater“ Joachim Witt, der gekleidet in einen langen schwarzen Mantel die Bühne betrat.
Düster und klangvoll kam der „Herr der Berge“ daher, auch wenn Witt optisch gesehen wie die barockböse Variante des Weihnachtsmannes wirkte – ein weißer Rauschebart in allen Ehren. Der Altmeister startete mit Songs wie „Dämon“ und „1000 Seelen“ von seinem letzten Album „Rübezahl“. Aber auch sehnlichst vom Publikum erwartete Songs wie „Die Flut“ und „Goldener Reiter“ durften nicht fehlen.
Allerdings waren seine Ansagen wie „Kacken auf Wacken“ doch etwas verwirrend. Als Notiz am Rande lässt sich festhalten, dass auch ein gewisser Teil des Pressezeltes gerade diese Songs extrem abgefeiert hat und Bierbänke und Laptops zum Wackeln brachte.
Es wurde Abend und nun betraten Mittelalter-Rocker die Bühne. Subway to Sally legten in ungewohnter Glitzerkleidung zu ihrem Song „Messias“ vom aktuellen Album „Hey“ los. Ein Highlight ihres Gigs war sicherlich der Auftritt von Starlett Chris Harms, der sich extra für „Island“ in eine rosa-glitzer Leggings geschmissen hatte. Das Subway-Ensemble hatte indes wieder in gewohnt dunkle Lederkluft gewechselt. Dazu gab es eine beachtliche Menge Pyrotechnik in Form von Feuerstößen. Von ihren elf Songs waren sechs vom neuen Album, dazu gesellten sich Klassiker wie „Kleid aus Rosen“, „Veitstanz“ und „Eisblumen“. Diese wurden von den Fans eifrig aufgenommen und lautstark mitgesungen.
Zu den Fields of the Nephilim lässt sich wenig sagen, bestanden sie doch darauf, dass keine Fotos gemacht werden durften. In der Hangar Stage ging es parallel hoch her mit hochkarätigen Elektro-Acts wie De/Vision und Suicide Commando. Besonders letztere forderte von den Besuchern noch einmal alles was die Füße hergaben.
Es folgte was sehnlichst aber auch mit Schrecken erwartet wurde. Die letzte Band des M’era Luna 2019 betrat die Bühne – VNV Nation. Schaute man bei Konzertbeginn in die Gesichter der Besucher, sah man nicht selten pure Glückseligkeit. Man sieht nicht oft, dass eine Band in der Lage ist, ein Kollektiv an Besuchern in diesen Gemütszustand zu bringen.
Das Strahlen und enthusiastische Mitsingen der Fans ließ auch die Band um Frontmann Ronan Harris kaum aus dem Grinsen herauskommen. Dieser rannte wie ein großer Freuhaufen über die Bühne und bedankte sich vielfach bei den Fans. Komplettes Ausrasten gab es dann noch bei Songs wie „Chrome“ und „Control“. Magisch gestaltete sich wieder einmal „Nova“, wie schon 2016 wurde mittels Handylampen und Feuerzeugen ein Meer aus Lichtern passend zum Text „Shine your light on me“ erzeugt. Mit „All our Sins“ verabschiedeten sich VNV Nation von den Besuchern inklusive einem fulminanten Ende mit fünffacher Drumpower erzeugt durch vier Gastmusiker.
Glücklicher kann man Menschen kaum in die Camps zurück schicken, auch wenn viele einen kleinen Wermutstropfen aufgrund des Festivalendes verspürten. Noch 365 Tage bis zum M’era Luna 2020, so Begann der neue Countdown auf der Webseite und die enthielt gleich auch noch die erste Bandwelle. Mit Nitzer Ebb, Schandmaul, Feuerschwanz und dem Lord of the Lost Ensemble sind schon jetzt einige interessante Acts bestätigt worden.
Diese erklären auch den schnellen Ausverkauf der ersten beiden Preisstufen nachdem der Vorverkauf am Montag nach dem M’era Luna 2019 gestartet wurde. Von den Besuchern verabschiedete sich nun auch die Menschmaschine Kyberos als erste der angebrochenen „Zeit der Ikonen“ (das aktuelle Designkonzept des Festivals). Diese dürfen aufs nächste Jahr gespannt sein, wenn sie von einer weiteren düsteren Gestalt aus dem Ikonomicum begrüßt werden.
Gesammelte Gedanken und Eindrücke von Besuchern
Neben den vielen, vielen positiven Stimmen gab es jedoch auch Kritik zu verzeichnen. Diese wurde hier in ein paar Punkten zusammengefasst. Der Eindruck war, dass es eine bemerkbare Preissteigerung bei Essen und Getränken gegeben hat. Des weiteren wurde der Einlass kritisiert, vor allem die dort vorherrschende Ignoranz mancher Festivalgäste, die sich an der Fast Lane mit zu viel Gepäck anstellten oder zu Bekannten vorne in der Warteschlange dazustellten.
Außerdem war dieses Jahr die Wasserversorgung der Duschcamps zu Stoßzeiten nicht im Mindesten gewährleistet. Aus den meisten Hähnen kam am Samstagmorgen nicht mehr als ein leichtes Tröpfeln. Hinzu kam die zum Teil mangelnde Sauberkeit der Spülklos und das Fehlen von Seife und Desinfektionsmittel.
Positiv wurden wie immer die Zapfanlagen für Wasser gesehen, welche die sommerlichen Temperaturen deutlich erträglicher machten. Der Mittelaltermarkt stellte wie immer eine willkommene Abwechslung zum Musikprogramm dar und bot vor allem am Abend mit Auftritten von Pestilenzia und der Feuershow eine gemütliche, tolle Atmosphäre.
Bericht: Natalie Laube, Natalie(at)dark-festivals.de
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